Der Stress ist vorbei. Shopping gehen war gestern.

Es gibt sie noch, Leute für die Shopping eine beliebte Freizeitbeschäftigung ist. Sie schlendern durch die Einkaufspassagen und das am liebsten, wenn alle anderen auch da sind. Die einen suchen etwas ganz Bestimmtes. Andere jagen nach dem einmaligen Schnäppchen. Manche bummeln auch einfach nur zum Zeitvertreib und lassen sich überraschen. Dabei geht meist der ganze Samstag drauf und am Ende trägt man glücklich die Beute nach Hause.

Früher ging man dafür in die Stadt. Man reihte sich in den Menschenstrom ein, der sich durch die Einkaufsstraßen schob, man schlenderte durch kleine Geschäfte und große Kaufhäuser. Man entdeckte interessante Dinge, ließ sich zu spontanen Käufen hinreißen und hatte am Ende das Gefühl, einen tollen Tag erlebt zu haben.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Anfahrt in die City ist immer mehr zum Stressfaktor geworden. Parkplätze gibt es kaum, denn die wurden künstlich verknappt, damit eine ganze Horde an Politessen Jagd auf „Parksünder“ machen kann, um Einnahmen für die Gemeinde zu generieren. Außerdem sind grüne Stadtplaner eifrig dabei, den Zugang zur City immer mehr zu erschweren und den motorisierten Individualverkehr nach Kräften zu behindern. Die Leute sollen den Bus oder die Bahn nehmen, lautet ihr Diktat.

Aber die Leute pfeifen ihnen was. Sie fahren einfach nicht mehr in die Stadt, sondern steuern auf die immer zahlreicheren Einkaufstempel in der Peripherie zu, an denen man kostenlos parken kann, um drinnen Shop an Shop zu finden und zwischendurch im Food Court eine Pause einzulegen.

Das Ergebnis kann man zum Beispiel hier in Lübeck sehen. Während vor allem in den Abendstunden und am Wochenende die kostenlosen Parkplätze der beiden Einkaufscenter gut belegt sind, sind in der Innenstadt die Fußgänger und Radfahrer weitgehend unter sich. Das freut zwar grüne Kommunalpolitiker, die sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und von mehr Umweltfreundlichkeit, weniger Schadstoffen und besserer Lebensqualität reden. Doch der Einzelhandel sieht das ganz anders. Die interessanteren Geschäfte haben längst dicht gemacht. Die verbliebenen kämpfen ums Überleben. Es ist zwar alles schön grün und verkehrsberuhigt, aber Grund zum Bummeln gibt es hier eigentlich nicht mehr.

Gleichzeitig wird das Publikum immer fragwürdiger. Linke Denker bezeichnen es als „bunt“ und träumen von einer friedlichen, multikulturellen Bevölkerung. Die Einheimischen fühlen sich jedoch zunehmend weniger sicher und halten sich fern. Mit der Folge, dass die Zahl der leerstehenden Geschäfte zunimmt und die historische Innenstadt Lübecks eigentlich nur noch für Touristen interessant ist.

Letztes Jahr machte der größte der beiden Buchläden zu. Auch ein Schuhgeschäft in bester Lage gab auf. Esprit hat seinen dreistöckigen Laden geschlossen. C&A hat sich auf ein Viertel verkleinert und mitten im Zentrum ein riesiges Gebäude leer hinterlassen. Karstadt ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Für die Lokalpolitik ist vor allem das Internet schuld daran. Die Leute würden eben lieber bei Amazon und Zalando kaufen, anstatt beim örtlichen Einzelhandel. Da ist natürlich etwas dran, aber der größere Teil des Problems ist hausgemacht. Ein Imbiss, der an den wenigen Sonnentagen hier im Norden ein paar Tische und Stühle ins Freie stellen will, muss für diese „Sondernutzung des öffentlichen Raumes“ immer höhere Gebühren zahlen. Auch Verkaufsständer auf dem Gehweg kosten Geld. Genauso wie jeder Pflanzentrog oder Blumenkübel, der etwas Grün in die Stadt bringt.  Für einen Linksdenker ist eben jeder Geschäftsmann ein Parasit, der sich nur bereichern will und daher mit möglichst hohen Steuern belegt werden muss, bevor er zum Millionär wird. Und Grüne sorgen sich lieber ums weltweite Klima und träumen von der autofreien Stadt.

Das Konzept für die Zukunft Lübecks sieht entsprechend aus. In der langsam verödenden Altstadt soll es künftig nur noch „nette kleine Geschäfte und Handwerker“ geben. DHL & Co. sollen ihre Waren per Lastenfahrrad ausliefern, denn die befahrbaren Straßen sollen entweder drastisch zurückgebaut werden oder gleich völlig verschwinden. Von Marketing hat man eben in der linksgrünen Welt traditionell keine Ahnung. So bleibt zum Beispiel die Frage offen, wie denn ein Handwerker inmitten historischer Gebäude arbeiten soll, wenn er weder für Lieferanten erreichbar ist, noch seinen Transporter vor der Tür parken darf. Und auch die kleinen Einzelhändler sind von einem gewissen Publikumsverkehr abhängig und der kann nicht nur aus Touristen bestehen, die für zwei Stunden in der Stadt halt machen, um sich das Weltkulturerbe anzusehen.

Wirtschaft ist eben ein Kreislauf und der besteht aus Nehmen und Geben. Und ein florierender Markt ist ein Ort, an dem möglichst viele Käufer auf möglichst interessante Geschäfte treffen.

Wie das funktionieren soll, stellt man sich im Lübeck wie folgt vor: Die Parkgebühren rund um die Altstadt sollen drastisch erhöht werden, damit Parken nicht günstiger ist, als mit dem Bus zu fahren. Wobei er ÖPNV in Lübeck bereits zu den teuersten Angeboten des Landes zählt und sein Angebot von Jahr zu Jahr „optimiert“, sprich ausdünnt. Sozialistisch programmierten Köpfen fallen eben immer nur dieselben Lösungen ein: regulieren, kontrollieren, besteuern, verbieten.

Ist es da ein Wunder, dass nicht nur in Lübeck die Innenstädte veröden, während am Stadtrand das Geschäft brummt und die Leute sich durch die Shopping Center schieben? Kann man es den Kunden verübeln, wenn sie sich zunehmend im Internet eindecken und damit als Umsatzbringer für den lokalen Einzelhandel wegfallen?

Wobei auch die Händler selbst eine Teilschuld am Käuferschwund tragen. Die meisten von ihnen denken nämlich nur bis vor die eigene Ladentür. Ich habe noch nie gehört, dass sich Händler zusammengeschlossen und gegen die Parkplatz-Abzocke der Gemeinde protestiert haben. Lieber spielen sie das Spiel mit und erstatten ihren Kunden die Parkgebühren. Es gibt auch kaum Einzelhändler, die selbst im Internet aktiv sind. Die meisten können das auch gar nicht, denn laut Einzelhandelsverband verfügen sie noch nicht einmal über einen PC mit Warenwirtschaftssystem. Die gucken offenbar einfach im Lager nach, was fehlt, und bestellen dann telefonisch nach.

Ein Händler muss das anbieten, was die Kunden wollen und er muss es dort tun, wo die Kunden sind. Deshalb verstehe ich nicht, dass alle bisherigen Versuche, die Geschäfte eines Orts unter einem gemeinsamen Shopping-Portal zu vereinen, fehlgeschlagen sind. Auch hier: Man denkt nur bis vor die eigene Ladentür. Und wenn die keiner mehr öffnet, sucht man die Schuld bei den Kunden.

Ich bin sicher nicht der Einzige, der sich nicht mehr die Mühe macht, in die Stadt zu fahren, um ein paar Schuhe, eine Hose oder einen Notebook zu kaufen. Auf dem Weg dorthin fahre ich an drei Blitzampeln vorbei, die nur darauf lauern, dass ich einen Augenblick unaufmerksam bin und eine Spur zu schnell fahre. Und am Ende wartet ein Parkplatz auf mich, für dessen Kosten ich mir eigentlich lieber einen Kaffee bei Niederegger (dem berühmten Café und Marzipan-Produzenten Lübecks) gegönnt hätte.

Ich weiß, dass das, was der Handel gerne als „Beratung“ hervorhebt, nichts anderes als der Versuch eines Verkäufers ist, mir das aufzuschwatzen, was er gerade am Lager hat. Also lass ich mich nicht beraten, sondern informiere mich selbst. Und ich zahle weder hohe Parkgebühren, noch nehme ich mir die Zeit, mehrere Läden abzusuchen. Ich suche mir genau das heraus, was für mich das Beste ist, google, klicke, bestelle und warte auf den DHL-Mann.

Ein Bekleidungsgeschäft hat immer nur ein sehr begrenztes Angebot und die Chance ist groß, dass gerade meine Größe nicht mehr vorrätig ist. Also muss ich von Geschäft zu Geschäft ziehen und habe am Ende einen Kompromiss in der Tüte, der nur bedingt zu meinen Vorstellungen passt. Bei technischen Artikeln sieht es nicht viel anders aus. Selbst Saturn hat bestenfalls 10 Notbooks im Angebot, von denen vielleicht ein einziger zu meinen Anforderungen passt. Bei Kameras, Waschmaschinen, Fernsehern oder Kaffeemaschinen sieht es nicht anders aus. Auch hier läuft es auf einen Kompromiss heraus, denn ich muss nehmen, was da ist.

Früher war das die Regel. Heute gibt es keinen Grund mehr, sich auf solche Unzulänglichkeiten einzulassen. Irgend ein Händler in Europa hat bestimmt das Gesuchte auf Lager und bietet es bei eBay oder Amazon an. Ich muss es auch nicht selbst durch die Stadt tragen und nach Hause schleppen. Ich muss mich nur bis übermorgen gedulden und es wird mir bis an die Tür geliefert.

Das ist klimaschädlich? Mitnichten. Der DHL-Transporter fährt ohnehin jeden Tag an meiner Tür vorbei, ober ein Päckchen für mich hat oder nicht.