Fotografie: Die Spiegelreflex hat eigentlich ausgedient

Wer etwas auf sich hält, fotografiert heute mit einer Spiegelreflex. Alle anderen sind Knipser, ganz gleich ob Sie mit dem Smartphone fotografieren, oder eine Kompaktkamera am Handgelenk tragen, die sagenhaft gute Bilder machen soll. Und so schleppen sie sich noch heute ab, die Profis, Halbprofis und Amateure, die mindestens eine vierstellige Zahl in ihr Equipment investiert haben und natürlich wollen, dass es nach etwas aussieht. Dabei arbeiten ihre klobigen DSLRs nach einer Technik, die eigentlich schon längst überflüssig ist.

Durch die Linse gucken

Die erste Spiegelreflex wurde im Jahre 1936 vorgestellt. Es war die Kine Exakta, die mit 35 mm Kleinbildfilm arbeitete und es dem Fotografen erstmals ermöglichte, durch dasselbe Objektiv zu sehen, durch das auch der Film belichtet wurde. Eine geniale Idee, denn so konnte sichergestellt werden, dass im Sucher exakt derselbe Bildausschnitt zu sehen war, der später auch das aufgenommene Foto ausfüllte.

Die Technik dahinter ist mechanisch recht aufwendig. Zu erkennen ist sie an dem charakteristischen Primenaufsatz, den jede Spiegelreflex-Kamera auszeichnet. Dieser Kasten oberhalb des übrigen Kameragehäuses ist notwendig, um das Licht über insgesamt drei Spiegel so umzulenken, dass der Fotograf durch die Optik blicken kann. Dafür wird ein Umlenkspiegel im Winkel von 45 Grad vor den Film geschwenkt, um die Lichtstrahlen in das Prisma zu lenken. Wird der Auslöser gedrückt, schwenkt dieser Spiegel blitzschnell nach oben, wartet, bis der Film belichtet wurde, und kehrt dann wieder in seine Ausgangslage zurück.

Die letzte professionelle Kamera, die nach diesem Prinzip arbeitete, war übrigens die Nikon F5.  Doch an dem Funktionsprinzip hat sich auch im Zeitalter der Digitalfotografie nicht viel geändert. Noch immer sehen Spiegelreflex-Kameras so aus, wie sie schon immer aussahen. Und noch immer steckt dieselbe Mechanik drin. Nur dass eben jetzt kein Film mehr belichtet wird, sondern ein Bildsensor. Als erste Kamera, die den Film durch einen Sensor austauschte, gilt übrigens die Electro Optic Camera von Kodak aus dem Jahre 1987. Sie begründete die damals neue Gattung der DSLR-Kameras (Digital Single Lens Reflex).

Neue Technik im alten Gewand

Doch eigentlich ist diese Bauweise irgendwie anachronistisch. Schließlich erzeugt eine DSLR mit jeder Aufnahme einen mehrere Megabyte umfassenden Datensatz, den man doch eigentlich auch verwenden könnte, um das Bild elektronisch direkt in der Kamera anzuzeigen – ohne aufwendige Mechanik, ohne klobigen Prismenaufsatz, ohne die lästige Dunkelpause beim Auslösen und obendrein noch bei deutlich geringeren Gehäuseabmessungen. Vom niedrigeren Gewicht ganz zu schweigen.

Lange Zeit war das noch recht problematisch, weil es einfach keine Displays gab, die eine für die professionelle Fotografie ausreichende Auflösung lieferten. So begann zum Beispiel mein Einstieg in die Digitalfotografie mit einer Fuji Finepix. Die machte zwar schon recht brauchbare Bilder für den PC- oder Fernseh-Bildschirm. Aber selbst für einen Druck im Format DIN A4 reichte die Auflösung nicht. Außerdem war das Bild des elektronischen Suchers so pixelig, dass man ihn eigentlich nur verwenden konnte, um den Bildausschnitt festzulegen. Feinere Bilddetails waren da nicht zu erkennen.

Die Zeiten haben sich geändert

Als ich in die professionelle Reisefotografie einstieg, sah ich mich daher nach einer neuen Kamera um. Es sollte eine „richtige“ Profikamera sein. Eine DSLR also, die hochauflösende Bilder lieferte, die man bis zum Format DIN A3 drucken kann. Also so eine schwere, schwarze Kiste von Canon, Sony oder Nikon. Außerdem sollte sie mit Wechselobjektiven arbeiten, damit ich in bestimmten Sitzationen auch mal ein Tele oder ein Weitwinkel aufsetzen konnte.

Meine ersten Reisereportagen habe ich zusammen mit einem Fotografen gemacht. Der hatte eine gewaltige Umhängetasche dabei, ohne die er eigentlich nie das Wohnmobil verließ. Einmal, weil das darin verstaute Equipment eine fünfstellige Zahl wert war. Und dann natürlich auch, weil er sich keine Fotogelegenheit entgehen lassen sollte. Ich hab mir das Ding mal umgehängt und meine spontane Reaktion war: so was willst du dir eigentlich nicht antun.

Ich ging also in ein Foto-Fachgeschäft (gar nicht so leicht, so etwas überhaupt noch zu finden), schwärmte von meiner handlichen Fuji und rede von einer Alternative für den professionellen Einsatz. Der Händler muss wohl mein langes Gesicht bemerkt haben, als er mir eine dicke Canon um den Hals hängte. Und er ließ mich in Ruhe, als ich den Wunsch äußerte, mich einfach mal umzusehen, was es sonst noch so gibt.

Es dauerte nicht lange und ich hielt eine Olymus OM in der Hand. Die war schön kompakt, hatte einen Anschluss für Wechselobjektive und einen elektronischen Sucher, der mich auf der Stelle faszinierte. Das war eine ganz andere Klasse als das, was ich von meiner ollen Fuji gewohnt war. Und es war irgendwie viel überzeugender als die dunklen Sucherbilder einer DSLR, die eben immer nur so hell waren wie das Umgebungslicht.

„Spiegellose Systemkameras … haben sich in der Zwischenzeit als goldener Mittelweg zwischen den digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR) und den Kompaktkameras etabliert - und schicken sich jetzt an, den DSLR-Kameras endgültig den Rang abzulaufen.“ Das schrieb das PC-Magazin neulich und ich kann die Aussage nur bestätigen. Eine Spiegellose passt zwar nicht in die Jackentasche. Aber man braucht dafür auch keine kiloschwere Umhängetasche, die mächtig an der Schulter zerrt.

„Für einen Ausdruck bis DIN A3 reicht die Auflösung dick aus,“ meinte der Händler, der allmählich gemerkt hatte, wohin ich tendierte. Er führte mir einige Kameramodelle vor und ich landete schließlich bei einer Panasonic Lumix DMC GH-3. Sie hätte ein wasserresistentes Magnesiumgehäuse, hieß es und könne daher problemlos auch bei leichtem Regen benutzt werden. Außerdem gäbe es ein breites Programm an Objektiven von Olympus, Panasonic und Leica, die kompatibel mit dem Micro Four Thirds Format (MFT) seien.

Was mir gefallen hatte, war die ergonomische Form, die geradezu in meine Hand hinein konstruiert schien und vor allem das schwenkbare Display auf dem man alternativ zum Sucher das Bild wiedergeben konnte. Den konnte man seitlich schwenken und nach oben drehen, sodass ich sogar Aufnahmen von ganz unten machen konnte, ohne mich dafür auf den Bauch legen zu müssen.

Immer mehr Profis kommen dahinter

Wenn man sich bei Youtube umsieht, stößt man auf eine ganze Reihe von Profifotografen, die sich zunächst probeweise eine spiegellose Kamera gekauft haben und berichten, dass sie irgendwann nur noch damit fotografierten. Besonders Reisefotografen – und zu denen zählte ich mich schließlich – lobten das geringe Gewicht ihrer Ausrüstung und betonten, dass die Bildqualität über jeden Zweifel erhaben sei.

Da einer Spiegellose das gesamte mechnische Innenleben einer DSLR fehlt, kann man sie natürlich auch entsprechend kompakt bauen. Und wenn man sich für das MFT-Format entscheidet, kann man auch ein breites Programm an Objektiven nutzen, die wesentlich kompakter und leichter sind als die schweren und voluminösen Glasteile aus der 35 mm-Zeit. Ich verwende momentan ein 14-140 mm Zoomobjektiv von Panasonic für gut 90 % meiner Fotos. Wenn es ein Tele sein muss, kommt das 75-300 mm-Teil von Olympus dran. Und für Landschaftsaufnahmen, Städteaufnahmen und auch Innenaufnahmen, bei denen möglichst viel aufs Bild kommen soll, habe ich das 7-14 mm Weitwinkel.

Wobei es für das MFT-Format auch ausgesprochene Kompaktkameras gibt. Ich habe mich für die ultrakompakte Panasonic G1 entschieden, die ebenfalls kompatibel zum MFT-Format ist und die ich normalerweise mit einem superflachen Pancake-Zoomobjektiv mitnehme. Schließlich wollen auch Fotografen manchmal „einfach so“ spazieren gehen.

Mein neuester Erwerb ist übrigens eine Panasonic Lumix DMC GX8. Sie ist noch ein Stück kompakter als die GH3, beruht auf demselben Bedienprinzip, liefert aber 20,3 MP Auflösung und hat einen nach oben schwenkbaren Sucher. Zum Transport verwende ich je nach Situation die Everyday Messenger Bag,  den Everyday Backpack oder den kleinen Sling von Peak Design. Mehr braucht ein Reisefotograf eigentlich heute nicht mehr, um für jede Gelegenheit gerüstet zu sein.