Mobilität: Eigentlich will keiner elektrisch fahren

Glaubt man Rundfunk, Fernsehen und Presse, dann führt an der Elektromobilität kein Weg vorbei. Autos mit Batterie erzeugen keine Abgase. Sie verhindern dicke Luft in den Städten. Sie retten das Klima. Dabei wird gerne auf Länder wie Norwegen verwiesen, wo schon fast jedes zweite Auto elektrisch fahren soll. Und man schimpft auf die deutsche Autoindustrie, die Amerikanern und Chinesen den Markt überlässt und außer ein paar Prototypen nicht viel vorzuweisen hat. Doch die Realität sieht völlig anders aus. 

Es gibt knapp 65 Millionen Autos in Deutschland, sagt das Kraftfahrt-Bundesamt. Das sind 69 Fahrzeuge pro 100 Einwohner. Ein gewaltiger Fuhrpark also, auch wenn nicht alle davon gleichzeitig auf der Straße sind und die meisten irgendwo in der Garage, im Parkhaus oder am Straßenrand stehen. Die Bundesregierung hat vor Jahren verkündet, dass bis 2020 mindestens eine Million davon elektrisch fahren sollen. Und sie hat versprochen, alles zu tun, dass die Infrastruktur dafür zügig ausgebaut wird.

Doch auch wenn das seinerzeit als ein ehrgeiziges Ziel gefeiert wurde und die Bundeskanzlerin so tat, als wäre das Teil einer gewaltigen Wende in der Energiepolitik: eine Million sind noch nicht einmal 1,6 % des aktuellen Fahrzeugbestands. 

Die Realität sieht noch bescheidener aus. Anfang 2019 fahren auf deutschen Straßen lediglich 83.200 Elektrofahrzeuge. Und dabei sind hybrid-Fahrzeuge, die lediglich mit elektrischer Unterstützung fahren, bereits eingerechnet. Da wirkt es geradezu lächerlich, wenn die Grünen bis 2021 (oder 2025, je nachdem, wer sich gerade dazu äußert) ein Verbot aller Verbrennungsmotoren fordert. 

Von den ehrgeizigen Zielen ist also nicht viel geblieben. Elektromobilität ist nach wie vor eine exotische Randerscheinung und das hat gute Gründe:

Einmal ist da natürlich der Preis. Die meisten Elektroautos auf dem Markt sind Kleinwagen und die werden zu Preisen angeboten, für die sich Otto Normalkäufer auch ein richtiges, komfortables Auto kaufen könnte. Und das tut er natürlich auch, wenn er nicht gerade ein Öko-Freak ist, der fest daran glaubt, mit gutem Beispiel voran zu gehen und das Klima zu retten. 

Tesla ist hier eine Ausnahmeerscheinung. Wer so etwas fährt, will damit dokumentieren, dass er es sich leisten kann und fühlt sich als Vorreiter einer neuen Zukunft. 

Ein noch immer ganz entscheidender Nachteil eines Autos, mit einer schweren Batterie unter dem Blech ist natürlich auch die Reichweite. Auch wenn hier mittlerweile Zahlen angegeben werden, die einem Benziner recht nahe kommen, ist das meist Augenwischerei. Stehen 400 km im Prospekt, sollte man besser mit 200 rechnen. Besonders wenn Berg- und Talfahrt angesagt ist oder wenn man im Winter die Heizung oder im Sommer die Klimaanlage einschalten will. Die funktionieren nämlich auch elektrisch und knabbern ganz gehörig am Energievorrat. Wobei Batterien bei kaltem Wetter ohnehin nicht die volle Leistung bringen. 

Ein weiteres Problem ist das, was man beim Diesel oder Benziner schlichtweg tanken nennt. Tanken heißt bei E-Auto laden und das braucht Zeit. Wer glaubt, seinen Stromer ganz einfach zu Hause an der Steckdose aufladen zu können, wird schnell eines Besseren belehrt. Ein Auto ist kein Handy, dessen Akku in zwei, drei Stunden wieder voll ist ist. Da reicht ort eine ganze Nacht nicht aus, um so viel Strom zu speichern, dass die Anzeige auf volle Reichweite steht. Also muss der Elektriker her, um einen speziellen Stromanschluss zu installieren, der mit wesentlich höheren Ladeströmen zurecht kommt. 
Wer kein eigenes Haus mit Garage hat, wo das Elektrofahrzeug jede Nach geladen werden kann, sollte besser gleich darauf verzichten. Die nächste öffentliche Ladestation ist selbst in der Stadt meist einen strammen Fußmarsch entfernt (wenn es im Viertel überhaupt eine gibt). Auf dem Land ist damit ohnehin kaum zu rechnen. Außerdem: Wenn dort schon einer steht, hat man eben Pech. Selbst wenn man einen freien Platz findet, darf man dort nicht unbegrenzt lange stehen,damit Andere auch eine Chance haben. 

Ein E-Mobil ist also nur dann eine Option, wenn man im urbanen Raum wohnt, so gut wie keine längeren Strecken zurücklegt und vorher geklärt hat, wie das mit dem Laden funktionieren soll. Eigentlich bleiben da nur Pendler übrig, die zu Hause einen geeigneten Stromanschluss einrichten können und am Tag nicht weiter fahren, als die Hälfte der Nennreichweite, die der Hersteller angibt.  Alles andere ist Stress, den sich eigentlich niemand antun will. 

Für Langstrecken sind Elektroautos nämlich weitgehend ungeeignet und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Selbst an der Autobahn verfügen bisher nur ganz wenige Tankstellen über eine Ladesäule. Der stolze Besitzer eines nahezu lautlosen Elektroantriebs muss daher stets die die noch verbleibende Reichweite im Blick haben und sollte sich schon vor der Fahrt genau ausgerechnet haben, wo er eine Ladepause einlegen muss. Besonders im ländlichen Raum kann das zu einem echten Problem werden. 

Selbst am Ziel kann ein Elektroauto-Fahrer nicht einfach aussteigen, um am nächsten Tag weiterfahren. Auch hier muss vorher geklärt werden, wo das Fahrzeug über Nacht geparkt und geladen werden kann. Bei der Wahl des richtigen Hotels heißt es daher, vor der Buchung in die App sehen und und die nächste Ladesäule ausfindig machen, denn die Zahl der Hotels, die darauf eingerichtet sind, ist im Augenblick noch verschwindend gering. Und daran wird sich auch nichts ändern, solange kaum Gäste auftauchen, die danach fragen.

Ein Elektrofahrzeug ist zwar schneller von null auf hundert, wie ein Sportwagen, das damit zu tun hat, dass ein Elektromotor schon von der ersten Umdrehung an sein volles Drehmoment zur Verfügung stellt. Es ist auch nicht langsamer als ein vergleichbarer Diesel oder Benziner. Dennoch wird eine längere Fahrt damit nicht nur zur logistischen Herausforderung, sondern erfordert auch nicht selten auch nervige Zwangspausen. An die Tanke fahren, heißt einfüllen, zahlen und weiterfahren. Das ist in fünf Minuten erledigt. Einen Akku zu laden dauert hingegen ganz schnell mal eine Stunde und selbst dann ist er oft nicht voll. 

Elektroauto-Fahrer spielen das gerne herunter und reden von einer entspannten Kaffeepause, während das Auto vor der Tür neue Kraft sammelt. Doch ein Kaffee zwischendurch (oder auch eine schnelle Mahlzeit) braucht eben keine Stunde. Die angeblich entspannte Pause ist daher eher eine nervige Unterbrechung und eine Zeitspanne, in der man gut und gerne 100 km weiter fahren könnte. Das kann man selbst durch zügiges Fahren nicht wieder wettmachen.

Elektroautos haben sicher ihre Berechtigung. Es gibt mittlerweile mehrere Shuttle-Services, die den ÖPNV im Ballungsgebiet ergänzen und meist mit elektrischen Autos fahren. Sie bewegen sich nur in einem genau begrenzen Gebiet und habe eine eigene Lade-Infrastruktur, die genau nach Plan angefahren wird, um immer genügend Energie zu haben. Auch so mancher Pender kann damit glücklich werden, wenn die notwendigen Voraussetzungen bestehen. Aber ein Universalfahrzeug für alles und überall ist ein Elektroauto sicher nicht – oder nur mit erheblichen Einschränkungen. 

Außerdem ist die Elektromobilität weitgehend auf den individuellen Personenverkehr beschränkt und selbst da erfordern sie Autos, die ein ganz erhebliches Gewicht mit sich herumschleppen. Für Busse oder gar LKWs ist das nichts, denn jedes Kilo Batteriegewicht ist ein Kilo weniger Nutzlast und wenn die Batterie zu klein ist, wird der Nutzen des Fahrzeugs deutlich eingeschränkt. So hat zum Beispiel DHL in Hamburg ein Pilotprojekt mit elektrischen Transportern gestartet. Die Dinger hatten eine Reichweite von noch nicht einmal 200 km, was wohl theoretisch ausgereicht hätte. Doch im Winter standen die Fahrer regelmäßig vor der Entscheidung, entweder schalte ich die Heizung aus und friere, oder ich schaffe es nicht mehr bis zum Depot. 

Es ist also nicht damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit der große Run auf die Elektroautos losbricht. Die meisten Autokäufer sehen das nämlich ganz pragmatisch. Sie wollen möglichst problemlos, einigermaßen komfortabel und mit etwas Fahrspaß von A nach B kommen. Und die meisten von ihnen wollen oder können dafür keine Unsummen ausgeben. Außerdem wissen sie, dass Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor mittlerweile so sauber sind, dass ihre Umweltbelastung eigentlich marginal ist. Nur die Deutsche Umwelthilfe ist da anderer Meinung, aber die verfolgt mit ihren zahlreichen Prozessen lediglich ein gewinnbringendes Geschäftsmodell. Oder die Grünen. Aber die waren noch nie für ihren Realitätssinn bekannt.

Es ist daher kein Wunder, dass die Autoindustrie nicht nur in Deutschland zwar mit alternativen Antrieben experimentiert. Das Geschäft wird aber nach wie vor mit dem gemacht, was die Käufer wollen. Und die zahlreichen elektrischen Modelle, die auf den Automessen stehen und meist erst irgendwann nach 2021 auf die Straße kommen sollen, werden letztendlich nur aus Zwang in die Welt gesetzt. Die Politik erpresst mittlerweile die Industrie, die Abgaswerte auf ein Maß zu senken, das schlichtweg unrealistisch ist. Also muss man ein paar Elektroautos produzieren, damit irgendwie der geforderte Durchschnittswert erreicht wird. Dass sich die nur schleppend verkaufen lassen werden, wissen auch VW, BMW, Mercedes & Co. Dafür sind sie für ein Massenprodukt einfach viel zu teuer, aus ökologischen Gesichtspunkten äußerst fragwürdig, und eigentlich völlig überflüssig. 

Schließlich weiß jeder, dass eine Zukunft der Elektromobilität alles andere als erstrebenswert ist. Man muss kein großer Visionär sein, um sich auszumalen, wie es auf den deutschen Autobahnen aussehen würde, wenn alle elektrisch fahren. Dann wären die Staus nicht mehr vor der Baustelle, sondern vor der Raststätte – weil alle eine Stunde zum Tanken brauchen und dort so viele Ladesäulen gar nicht stehen können. Von der dafür erforderlichen Stromzuführung ganz zu schweigen.