Sex: Schön eng muss sie sein

Um es gleich vorweg zu nehmen: die Überschrift zu diesem Artikel drückt zwar das Wunschdenken vieler Männer aus. Aber in Wirklichkeit geht es hier um einen Mythos. Eine Vorstellung, die vermutlich irgendwo im arabischen Wüstensand entstanden ist, wo man ein Mädchen auch schon mal in einem Alter ehelicht, in dem ein ausgewachsener Männerpenis geradezu zerstörerische Kräfte entwickeln kann. Araber glauben eben fest daran, dass nur eine ganz junge Frau eng genug ist, um einem Mann wirklich Freude zu bereiten. Aber wie das so oft mit dem Glauben ist, steckt eigentlich nicht viel dahinter.

Aber der Reihe nach. Als meine Frau ihr erstes Kind bekam, kam es zu einem leichten Dammriss. Das kommt immer wieder mal vor und ist für den Gynäkologen eigentlich kein großes Thema. Ich war bei der Geburt anwesend und der Herr Doktor war recht gut drauf. „Ich nähe sie Ihnen etwas mehr zu,“ meinte er mit einem Augenzwinkern und machte sich ans Werk. Später erfuhr ich, dass es gang und gäbe ist, in so einem Fall einen Stich mehr zu machen, damit die Frau hinterher wieder schön eng ist und ihr Mann nicht das Gefühl hat, sie sei durch die Geburt „ausgeleiert“ worden.

Untereinander sprechen Gynäkologen dabei übrigens von einem „Husband Stich“ und sind der festen Meinung, der Menschheit damit etwas Gutes zu tun. Zumindest dem männlichen Teil davon, denn die Frau wird normalerweise nicht gefragt, ob sie das auch will, und wenn der Mann wie in meinem Fall nicht selbst dabei ist, wird auch er vermutlich nie etwas davon erfahren.

Dabei fürchtet sich insgeheim die meisten Männer davor, dass ihre Liebste nach der Geburt nicht mehr so sein wird, wie sie sie einmal kannten. Eine Geburt ist schließlich ein gewaltiger Stress für ihre entscheidende Körperöffnung und es erscheint geradezu unvorstellbar, dass Mann nach so einer Dehnung mit ihr wieder so Sex haben kann wie früher. „Wenn er nicht will, dass sich da irgend etwas verändert, hätte er Ihnen kein Kind machen dürfen,“ meinte daher auch der oben erwähnte Arzt in einem vertraulichen Gespräch mit meiner Frau. Ich war seinerzeit noch ziemlich jung und hatte mir bis dato eigentlich überhaupt keine Gedanken über diese Frage gemacht. Aber mein Bewusstsein war geweckt und ich stellte mich insgeheim auf eine enttäuschende Zukunft ein.

Die aber dann doch nicht eintrat. Wir haben sehr früh geheiratet und ich habe gut drei Jahrzehnte mit dieser Frau zusammengelebt, ohne jemals das Gefühl gehabt zu haben, sie sei irgendwie ausgeleiert. Ganz im Gegenteil, sie hat sich verdammt gut gehalten und war bis in die Fünfziger hinein eine attraktiv aussehende Frau, der niemand ihr Alter abgenommen hat.

Für befriedigenden Sex muss die Vagina einer Frau möglichst eng sein. Der Meinung waren zumindest 45 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen bei einer Befragung, die 2017 vom Meinungsforschungsinstitut YouGov veröffentlicht wurde. Nachzulesen in deren Publikation „Wir Deutschen und die Liebe”.

Man hat übrigens auch die umgekehrte Frage gestellt und wollte wissen, welchen Einfluss die Größe des Penis auf die Befriedigung beim Sex hat. Dazu meinten 25 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen, das ein möglichst großer Penis eine ganz entscheidende Rolle habe. Die ausgeleierte Vagina scheint also das größere Problem zu sein. Oder zumindest sind deutlich mehr Frauen und Männer der Meinung, dass dem so ist.

Eine Meinung, die übrigens genauso weit verbreitet ist, wie die Vorstellung, dass eine Frau auch ohne Geburt im Laufe der Zeit ausleiert. Je mehr Sex sie hat, desto mehr nutzt sie sich ab, glauben viele Männer. Eine Frau, von der man weiß, dass sie schon viele Männer in sich gespürt hat, wird daher gerne wie ein Senfglas beschrieben, in dem sich der Penis wie ein einsames Würstchen irgendwie verloren vorkommt. In Amerika gibt es dafür den Begriff „Lost-Penis-Syndrom”, der die Abneigung bestimmter Männer gegen nicht mehr ganz taufrische Frauen beschreibt.

Dabei weiß man in Medizinerkreisen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Nichts trainiert die Beckeboden-Muskulatur einer Frau mehr als ein richtiger, heftiger Orgasmus. Eine Frau, der schon viele solcher beglückender Momente im Leben vergönnt waren, müsste demnach sogar eine spürbar engere Vagina haben als eine, die freiwillig oder gezwungenermaßen ein eher ereignisloses Leben geführt hat. Neben dem individuellen Körperbau ist es nämlich vor allem die Ausbildung der Beckenbodenmuskeln, die die Enge und Weite einer Vagina beeinflusst.

Trotzdem kann man die nachteiligen Auswirkungen einer Geburt auf den körperlichen Zustand einer Frau nicht ganz vom Tisch weisen. Gewiss, so manche Frau überlebt dieses Ereignis, ohne sichtbar Schaden genommen zu haben. Dass Sex mit ihr danach einfach keinen Spaß mehr gemacht hat, hört man selbst unter engen Freunden äußerst selten. Und wenn, dann liegt es nicht allein an der buchstäblichen Zerreißprobe, die sie dabei durchlebt hat, sondern an einer ganzen Reihe anderer Faktoren.

Nicht selten ist es geradezu erschreckend, was von einer einst recht verführerisch wirkenden Frau nach der Geburt übrig geblieben ist. Die einen gehen buchstäblich auf wie ein Kuchenteig. Ihre Schenkel nehmen bedrohliche Ausmaße an. Und der Po, der einst durchaus zum Hingucken reizte, entwickelt sich zu einer unförmigen Fleischmasse, die nur noch peinlich wirkt. Bei manch einer Kinderwagen schiebenden Mutter von diesem Kaliber habe ich mich schon gefragt, was denn ein Mann an ihr attraktiv fand und weshalb um Gottes willen er ihr auch noch ein Kind gemacht hat. Aber, wie gesagt, wie sie vorher aussah weiß man nicht. Man weiß nur, dass hier körperliche Phänomene im Spiel sind, die sich leider nur sehr begrenzt beeinflussen lassen.

Eine Veranlagung zum dick werden ist sicher genetisch bedingt (von hemmungsloser Fresssucht mal abgesehen) und man kann die Betroffenen nur bedauern. Anders verhält es sich allerdings mit den Müttern, denen man auch ohne Anwesenheit ihrer Brut auf den ersten Blick ansieht, dass sie welche sind. Nicht nur, weil der Bauch mangels einer konsequenten postpartalen Rückbildungsgymnastik schlaff und faltig geblieben ist und die Brüste deutlich mehr zum Hängen neigen als dies früher der Fall war. Sondern vor allem, weil der gesamte Anblick irgendwie in Richtung schlampig geht. Gefiel sie früher durch stramm sitzende Jeans, die ihren Po verführerisch zur Geltung brachten, trägt sie die heute eine Nummer weiter, weil es so bequemer ist. Auch ihr T-Shirt ist eher von der schlabberigen Sorte und wie es mit der Wäsche darunter aussieht, möchte man eigentlich gar nicht wissen.

Wobei es fast ausschließlich die Hausfrauen sind, die sich so gehen lassen. Und sie sind es, die völlig gestresst sind, obwohl sie doch den ganzen Tag nichts anderes tun, als sich um den selbst erzeugten Balg zu kümmern. Abends trifft der wirklich gestresste Mann dann auf eine Frau, die man schon sehr lieben muss, um sie attraktiv zu finden. Und er trifft auf einen kleinen Hosenscheißer, der es gewohnt ist, dass sich alles um ihn dreht, weil das ja den ganzen Tag lang zu seinem Erleben gehört. Irgendwann muss ihm einfach der Gedanke kommen, dass seine Frau schlicht und einfach unfähig ist. Schließlich kennt er auch noch andere Frauen. Vor allem solche, die Mutter sein nicht zum Fulltime-Job gemacht haben, sondern nach wie vor voll in ihrem Beruf engagiert sind und das mit dem Kind irgendwie nebenbei gebacken kriegen.

Ob eine Nur-Hausfrau mit selbstproduziertem Stress noch zu einem Orgasmus fähig ist, darf bezweifelt werden. Vermutlich macht sie nur noch die Beine Breit, um ihn nicht völlig zu vergraulen. Und sie horcht dabei angestrengt in die Nacht, um als Erste mitzubekommen, wenn der oder die Kleine einen Laut von sich gibt. Mit Training der Beckenboden-Muskulatur ist dann natürlich nicht mehr viel drin und Mann sieht sich in seinen Vorurteilen bestätigt.

Wobei ich noch auf einen Aspekt zu sprechen kommen möchte, der mit eng oder nicht eng eigentlich nichts zu tun hat, aber dennoch eine gewichtige Rolle spielt. Eine Frau, die sich über Monagte oder gar Jahre nur als Hausfrau betätigt hat, verblödet irgendwann schlicht und einfach. Sie nimmt nichts mehr von dem wahr, was um sie herum geschieht, denn ihr ganzes Leben konzentriert sich allein auf das, was innerhalb des Gartenzaunes passiert. Die Kontakte mit Frauen aus der früheren Welt schlafen ein. Statt dessen trifft man sich mit anderen Vollzeitmüttern, um über die Kinder zu reden und über die Männer zu lästern, die dieses paradiesische Leben finanzieren.

Irgendwann erstirbt dann auch der Dialog zwischen ihr und ihm. Der tägliche Banalkram ist für ihn eben nicht wirklich spannend und von seiner Berufswelt erzählt er am Besten gar nichts, denn da fehlt ihr sowieso der Zugang. Bis er sich allmählich fragt, weshalb er mit dieser Frau eigentlich noch zusammen ist. Und immer häufiger darüber fantasiert, dass die neue Kollegin noch richtig gut aussieht, obwohl sie nicht wesentlich jünger ist, als die Alte zu Hause.

Und dass sie vermutlich so richtig schön feucht und eng ist.