Werbung nervt. mit jedem Klick!

Sie kennen die Situation. Da hat man ein News-Portal aufgerufen, um einen interessanten Artikel zu lesen und – wisch – schiebt sich ganz frech einer dieser Webebanner ins Blickfeld und versperrt einfach mal den Blick auf den Text. Meist geht es dabei um etwas, was einem momentan absolut nicht interessiert. Und nicht selten ist man eine kleine Ewigkeit damit beschäftigt, das gut versteckte Kreuzchen zu finden, auf das man klicken muss, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Manchmal ist es auch der Verlag hinter dem Portal, der erst einmal zum Abschluss eines Abonnements auffordert und ebenfalls dafür gesorgt hat, dass der Bestell-Button sofort ins Auge spricht, während man genau hinsehen muss, um herauszufinden, wie man der plumpen Anmache entgehen kann. Wobei es immer Verlage aus der Printwelt sind, die einem auf diese Weise signalisieren wollen, dass man eigentlich ein Schmarotzer ist, wenn man ihren Qualitätsjournalismus „einfach so“ konsumiert.

Noch schlimmer sind die Anbieter, die einen Artikel in mehrere kleine Häppchen zerlegen, um dann bei jedem Weiterklicken dasselbe Spiel der Unterbrecherwerbung durchzuziehen. Hier muss ich schon ein verdammt hohes Interesse am Inhalt des Artikels haben, um mich auf eine derartige Nötigung einzulassen.

Seinerzeit, als wir noch bedrucktes Papier aufschlugen, um uns zu informieren oder zu unterhalten, gab es auch Werbung. Manche Blätter hatten sogar mehr Werbung als redaktionellen Inhalt. Doch die stand links oder rechts, oben oder unten vom Text und man konnte sich entscheiden, sie ganz einfach zu ignorieren. Das ist in der Online-Welt leider immer seltener möglich. Ich muss sagen, mich nervt das gewaltig und ich gehe schon aus Prinzip nicht auf solche „Angebote“ ein. Ich lass mich schließlich auch nicht mit einem Straßenverkäufer ein, der sich mir in der Fußgängerzone in den Weg stellt, um mich von irgend etwas zu überzeugen.

Rezepte aus dem Gestern für die Welt von heute

Mir ist natürlich klar, dass es da auch noch eine andere Seite gibt. Nur verschwindend wenige Leute sind bereit für die Online-Ausgabe von Focus, Spiegel, Stern & Co. ihre Kreditkarte zu zücken. Wozu auch, wenn man alle wichtigen Meldungen ohnehin kostenlos bekommt? Gleichzeitig sinken die Auflagen der Printausgabe und den Verlagen bricht der Gewinn ein. Da versucht man eben, die beim kostenlosen Online-Angebot vorhandene Reichweite zumindest über reichlich Bannerwerbung zu monetarisieren. Und da ein Bildschirm eben nicht allzu viel Werbefläche hergibt, denkt man sich immer neue Methoden aus, um die allgegenwärtigen Adblocker zu umgehen und teuer verkaufte Werbung ins Bild zu schieben. Einige Verlage gehen sogar soweit, ihre Leser dazu zu zwingen, den Adblocker abzuschalten, bevor er auch nur eine Zeile lesen darf.

Ich meine, das ist hilflos, fantasielos, wirkungslos. Hier sind die Denker von gestern am Werk, die lediglich versuchen die altbekannten Methoden auf das Medium von heute zu übertragen. Noch dümmlicher gehen lediglich die Verlage vor, die nur verstümmelte Artikel anzeigen, um dann an der interessantesten Stelle einen Schnitt zu machen und die Hand aufzuhalten. Beide Methoden haben etwas von Nötigung an sich. Und die erzeugt auf Seiten des Lesers immer Verärgerung und damit eine Stimmung, die eher Widerstand erzeugt, als Zahlungsbereitschaft.

Wie man Produkte kaputtspart

Wenn man heute Verleger hört, dann sind sie immer am Klagen. Weil ihnen die Leser weglaufen. Weil das Anzeigengeschäft einbricht. Weil die Rendite einfach nicht mehr das ist, was sie einmal war. Dennoch halten sie an ihrem überholten Geschäftsmodell fest, verlangen für die Online-Ausgabe ihrer Magazine fast genauso viel wie für die Printausgabe, obwohl der Kunde dafür nichts bekommt, als einen Zugangscode. Klar doch. Schließlich hat ein Verlag immense Kosten. Da gibt es ein imposantes Verlagshaus, in dem unzählige Menschen arbeiten. Und es gibt mehrere Hierarchieebenen bis hinauf zur Vorstandsetage, in denen wichtige Männer mit Anzug und Krawatte sitzen, die alle das Gehalt eines Abteilungsleiters, Bereichsleiters, Managers oder Vorstands verdienen wollen, ohne zum Inhalt der Verlagsprodukte etwas beizutragen.

Sie alle halten natürlich – was menschlich verständlich ist – an ihrem Posten fest und halten den Status Quo notfalls bis zur Insolvenz durch. Also spart man bei den anderen. Bei den Redakteuren, Reportern, Fotografen und Grafikern. Also bei denen die das eigentliche Produkt machen. Man nimmt in Kauf, dass das Produkt an Qualität verliert. Weil eigene Recherchen zunehmend durch Agenturmeldungen ersetzt werden. Weil Pressemitteilungen ohne Zutun eines Redakteurs direkt zu redaktionellen Artikeln werden. Weil Artikel bei Freelancern eingekauft werden, die damit kaum genügend Geld zum Überleben verdienen und folglich für zeitraubende Recherchen keine Zeit mehr investieren.

Anders gesagt, die einst bis zur Arroganz stolzen Verlage sind dabei, ihre eigenen Produkte zu begraben. Weil sie noch in der Traumwelt ihrer Gewinne von einst leben. Und weil sie nicht in der Lage sind, ihr Geschäftsmodell aus der Papierzeit zu überdenken und sich neu aufzustellen.

Für Information würde jeder zahlen, aber ...

Denn Nachrichten und Meinungen wird morgen niemand mehr vom Papier lesen. Und es wird niemand mehr 5 Euro für ein paar Seiten Text hinblättern, die lediglich die Sicht eines Verlages und seiner Hintermänner wiedergeben. Es wird keine „Meinungsbilder“ mehr geben, die versuchen, das vorzudenken, was die Mehrheit denken soll. Es wird auch keine Verlagsprodukte mehr geben, an denen unzählige Leute mitverdienen, während die eigentlichen Macher mit Kleingeld abgespeist werden.

Ich wage die Voraussage, dass in der Medienwelt von morgen eben diese Macher das Sagen haben. Deren Recherchen, Enthüllungen und Einsichten werden nämlich größte Wertschätzung erfahren. Und denen wird man für ihre Arbeit auch genügend Geld geben, um ordentlich leben zu können. Wobei Millionen von Leser nur ein paar Cents aufwenden müssen, um eine Infrastruktur zu finanzieren, die ohne tonnenschwere Druckmaschinen, ohne aufwendige Produktion, Distribution und Vertrieb und ohne millionenschwere Managergehälter auskommt.

Bis dahin müssen wir eben noch das Werbegewitter auf dem Bildschirm ertragen.