Wie viel Platz braucht ein Mensch zum Wohnen?

Bigger is better, so denken wohl die meisten Menschen, wenn es um Wohnraum geht. Eigentlich kann die Wohnung gar nicht groß genug sein. Noch schöner wäre ein Penthouse ganz allein oben auf dem Dach. Der Traum ist natürlich eine Villa mit Pool und möglichst vielen Zimmern. Platz ist schließlich der wahre Luxus und davon kann man nie genug haben. Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem man das alles völlig anders sieht.

Selbstgebautes Holzhaus in KnittlingenVom Familienhaus zur Etagenwohnung

Auch ich habe einmal klein angefangen: vierter Stock, zwei Zimmer, Küche Bad. Doch dann ergab sich der klassische Lebensweg und der begann mit einer haselnussbraunen Schönheit aus fernen Landen und führte zur Familie mit zwei Kindern im eigenen Haus. Das Haus habe ich selbst entworfen und zum größten Teil auch selbst gebaut. Es war ein großes Haus. Es sah anders aus als all die anderen und ich war mächtig stolz darauf.

Wenn mir damals einer gesagt hätte, dass ich eines Tages ganz zufrieden wieder in einer 2-Zimmer-Wohnung leben würde, hätte ich ihn ausgelacht. Schließlich geht nichts über das eigene Haus mit viel Grün drumherum und ordentlich Abstand zu den Nachbarn.

Aber so ein Haus macht auch mächtig viel Arbeit. Eigentlich ist immer irgendwo etwas kaputt, im Sommer muss ständig der Rasen gemäht werden, im Frühjahr ist der Garten dran, im Herbst heißt es Laub sammeln und im Winter ist Schnee schippen angesagt. Das hält natürlich fit. Aber es kostet auch unendlich viel Zeit, die ich eigentlich lieber mit interessanteren Dingen verbracht hätte. Ganz zu schweigen von den vielen Stunden, die man im Laufe eines Monats damit verbringt, hinter einem Staubsauger herzulaufen und den Staub zu bekämpfen, der für mich eine der größten Plagen des Lebens ist.

An all das muss ich denken, wenn ich heute auf dem Balkon meiner Wohnung sitze und dem Gärtner zusehe, der morgens um acht den Rasen mäht, danach die Hecken zurechtschneidet und überhaupt dafür sorgt, dass alles blüht und gedeiht. Das alles kostet mich nicht viel, denn seine Rechnung teile ich mir mit all den anderen Leuten, die hier im Haus leben. Einschließlich Laub im Herbst und Schnee im Winter.

Viel Platz, viel Arbeit

Das große Haus machte irgendwie keinen Sinn mehr, nachdem die Kinder ihre eigenen Wege gegangen waren und sich auch die langjährige Beziehung in nichts aufgelöst hatte. Also machte ich einen radikalen Schnitt, warf all den Ballast ab und habe seitdem unendlich viel Zeit, die allein mir zur Verfügung steht. Zum Glück bin ich ein Mensch, der nicht an alten Sachen hängt und kein Problem damit hatte, all das, was sich im Laufe von Jahrzehnten angesammelt hatte, einfach in einen großen Container zu werfen.

Das mit dem Saubermachen lässt sich bei 60 Quadratmetern einfach nebenbei erledigen und wenn man keine meterlangen Kleiderschränke mehr hat, wirft man eben beherzt ein paar alte Sachen weg, damit wieder Platz für Neues ist. Keep it simple, heißt die Devise und ich muss sagen, ohne all den Ballast von früher lebt es sich eigentlich viel entspannter.

Wobei ich mich kürzlich bei dem Gedanken erwischt habe, dass es doch eigentlich noch viel einfacher ginge. Ich hatte nämlich so ein Schnäppchenangebot wahrgenommen und ein paar Tage Auszeit in einem Schlosshotel gebucht. Alles, was ich dafür brauchte, passte bequem in den Kombi, war schnell in den Schrank geräumt und hinterher genauso schnell wieder im Koffer verstaut. Dabei hatte ich eigentlich alles dabei, was das Leben so ausmacht: In meinem Tablet steckte ein ganzes Regal an Büchern, die noch gelesen werden wollten. Bei Regen war ich nicht aufs Fernsehprogramm angewiesen, sondern konnte unter mehr als hundert Filmen und Dokus wählen, die auf einer SSD lagerten. Musik konnte ich übers WLAN streamen und zum Arbeiten brauchte ich ohnehin nicht mehr als mein Notebook. Das alles und meine komplette Fotoausrüstung hatte locker in einem Rucksack platz.

Mobil wohnen im WohnmobilMobil wohnen und arbeiten

Das war der Moment, als mir klar wurde, dass der Mensch eigentlich nicht viel mehr braucht, als ein Bett, einen Schreibtisch, einen bequemen Sessel, ein Badezimmer und eine Ecke zum Kochen. Wobei ich hier allerdings von einem männlichen Menschen rede, denn aus dem Blickwinkel einer Frau sieht das natürlich völlig anders aus. Aber wer sagt denn, dass Mann und Frau unbedingt zusammenleben müssen, wenn ihre Ansprüche so unterschiedlich sind?

Eine Variante zur Ein-Zimmer-Idee wurde mir bewusst, als ich mal wieder zu einer Reportage-Reise aufgebrochen war und vier Wochen lang in einem schönen, geräumigen Wohnmobil lebte. Auch hier war eigentlich alles vorhanden, was Mann zum Leben braucht. Das Bad war zwar etwas knapp bemessen, aber seine Funktion erfüllte es allemal. Die Schränke zwangen zur Konzentration auf das Nötigste, aber man kann es auch als Philosophie ansehen, mit leichtem Gepäck durchs Leben zu gehen. Ich war fast vier Wochen mit dem Teil unterwegs, aber vermisst habe ich eigentlich nichts. Dafür war es äußerst reizvoll, jeden Tag an einem anderen Ort aufzuwachen, anstatt ständig an einem Ort festgenagelt zu sein.

Es gibt nicht wenige Menschen, die genau das erkannt haben und lieber an den schönsten Orten Europas leben, anstatt zeitlebens am selben Ort zu verbringen und denselben Nachbarn zu begegnen. Besonders, wenn man in der Nebensaison unterwegs ist, trifft man sie: Wohnmobil- und Caravan-Fahrer, die Zeit haben. Oder die sich einfach die Zeit nehmen. Senioren, die von keinem Terminplan mehr gehetzt werden und immer mehr auch die digitalen Worker von heute, denen ein Notebook als Arbeitsplatz genügt und die keine Lust haben, daran in einer Zweizimmerwohnung in der Großstadt zu arbeiten.

Tiny Houses mit oder ohne Räder

Wie anfangs gesagt, ging mein erstes Haus auf meine eigenen Pläne und Vorstellungen zurück. Heute würde ich so etwas nicht mehr haben wollen. Was mich allerdings fasziniert, ist die Idee des Mini-Homes, die aus Amerika in die alte Welt geschwappt ist. Ich habe keine Ahnung, wie viele Youtube-Videos ich darüber schon angesehen habe. Und ja, ein ganzes Leben auf 25 Quadratmetern zu organisieren, wäre durchaus ein Projekt, das mich begeistern könnte. Auch wenn ich dafür wohl das Land verlassen müsste, denn auf die Auseinandersetzung mit verstaubten deutschen Behörden habe ich wirklich keine Lust.

Wohnen im Tiny HouseSo ein Mini-Home ist ein gutes Stück geräumiger als ein Wohnmobil. Dafür ist es natürlich nicht so mobil. Aber die meisten davon stehen auf Rädern und können daher durchaus ihren Standort wechseln. Wer klare Vorstellungen davon hat, was sein Leben ausmacht, kann sich sein Mini-Home genau auf den Leib schneidern. Oder besser gesagt auf die Art, wie er sein Leben leben will. Wer bereit ist, ein paar Abstriche in kauf zu nehmen, kann sogar völlig autark leben.

Das Kunststück im Mini-Home besteht darin, möglichst jeden Kubikzentimeter zu nutzen. Wenn man in die Höhe geht, ist sogar ein richtig kuscheliges Bett mit Aussicht drin. Ansonsten sind Variabilität und Multifunktion angesagt, um sämtliche Funktionen einer Wohnung auf einer Fläche von maximal 20 Quadratmetern unterzubringen, ohne dass die Bewohner dabei den Eindruck haben, in einer Ölsardine zu leben. Das Ergebnis ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Aber es erlaubt Leben ohne großen Aufwand – funktional, minimalistisch und zum Preis eines besser ausgestatteten Mittelklasse-Limousine.

Wohncontainer einer neuen Generation

Als ich mein erstes Haus baute, habe ich mich für eine Solararchitektur in Holzständer-Bauweise entschieden. Schon damals erschien mir die speziell in Deutschland gepflegte Bauweise als ziemlich anachronistisch. Da wird noch heute in denselben "Gewerken" gedacht, wie schon seit dem Mittelalter. Handwerker arbeiten bei Wind und Wetter auf der Baustelle und das Ganze dauert eine kleine Ewigkeit.

Eine zeitgemäße Alternative ist die Container-Bauweise die ich bei Lissy Haus kennenlernte. Dabei wird ein Wohnhaus aus einzelnen Wohnmodulen zusammengesetzt. Diese werden unter kontrollierten Produktionsbedingungen in der Fabrik vorgefertigt, um dann vor Ort nur noch aufgestellt und miteinander verschraubt zu werden. Durch die Holzbauweise ergibt sich eine hervorragende Wärmedämmung und mit  unterschiedlichen Fassaden lässt sich ein architektonischer Eindruck ganz nach Wunsch verwirklichen. So ein Container-Haus kann ein einfaches Mini-Home sein, das irgendwo aufgestellt wird, wo es Strom, Wasser und Abwasser gibt und alle Wohnfunktionen auf 20 qm bietet. Es kann als Ferienhaus dienen, als Büroanbau oder Gästehaus im Garten. Es lassen sich aber auch mehrere solcher Hausmodule aneinander stellen und zu einem großzügigen Bungalow verbinden.

Lissy Haus: Module Häuser in Container-Bauweise

Bilder: Pexels, Unsplash, S. Wolfrath, Lissy Haus