Kommunikation ist eigentlkich ziemlich kompliziert

Wenn Menschen miteinander kommunizieren, entstehen Missverständnisse. Eigentlich fast immer. Oder zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit. Das liegt einfach daran, dass zwischen Denken, Sagen, Hören und Verstehen eine ganze Reihe von Prozessen ablaufen, die dazu führen können, dass sich am Ende die gemeinte Botschaft ganz entscheidend von der verstandenen Botschaft unterscheidet.

Wenn es sich bei der Kommunikation um ein direktes Gespräch zwischen zwei Menschen handelt, lassen sich die meisten Missverständnisse auf der Stelle ausräumen. Weil der Empfänger konkret nachfragt, wenn er etwas nicht verstanden hat. Oder weil seine Reaktion erkennen lässt, dass er das Gesagt nicht so aufgefasst hat, wie es eigentlich gemeint war.

Das Problem ist nämlich, dass der einfache Kommunikationsprozess zwichen Menschen alles andere als einfach ist.

Vom Gesagten zum Verstandenen

Das beginnt schon damit, dass das, was jemand sagen will (was er also denkt) nicht immer identisch ist mit dem, was er eigentlich sagt. Menschen haben nämlich sehr unterschiedliche Fähigkeiten, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Schon hier kann die erste Quelle eines Missverständisses liegen.

Das zweite Problem kann sich ganz einfach zwischen Sprechen und Hören ergeben. Ist der Hörer nämlich gerade abgelenkt oder gedanklich ganz woanders, wenn er angesprochen wird, dauert es eine ganze Weile, bis er seine Aufmerksamkeit neu fokussiert hat und die gesprochenen Worte überhaupt wahrnimmt. In dieser Zeit kann der erste Satz bereits ausgesprochen sein und ist nie beim Empfänger angekommen. Enthält dieser erste Satz entscheidende Informationen, wird der Empfänger bei allen weiteren Sätzen große Schwierigkeiten haben, den Sinn des Gesagten richtig zu interpretieren. Im Idealfall fragt er nach. Im ungünstigsten Fall reimt er sich den Sinn selbst zusammen und kommt dabei vielleicht zu einem völlig falschen Verständnis.

Ein besonderer Fall sind Leute, die einfach nicht die Fähigkeit haben, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Mit dem Ergebnis, dass sie einen unendlichen Wortschwall von sich geben, sich in tausend Nebensächlichkeiten verlieren und es dem Anderen überlassen, aus den vielen Worten die eigentliche Botschaft herauszuhören. Ein Vorgang, der natürlich riskant ist und schnell dazu führt, dass es die falsche Botschaft ist. Oder dass der Zuhörer zwischendurch "abschaltet" und ganze Sequenzen des Gesagten überhaupt nicht mehr bewusst wahrnimmt.

Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass vor allem Frauen dieses Problem haben und dazu neigen, ziemlich ungefiltert alles zu sagen, was es zu einem Thema zu sagen gibt, ohne je darüber nachzudenken, was wichtig, was nebensächlich und was im aktuellen Zusammenhang völlig irrelevant ist. Ein Interview mit einer Frau ist daher oft sehr unterhaltsam und vermittelt auch ein sehr umfassendes Bild von einer Thematik. Aber es erfordert von mir als Zuhörer ganz erhebliche Konzentration und verlangt häufige Zwischenfragen, um Unklarheiten zu beseitigen und die eigentlich wichtigen Punkte zu erkennen.

Aber die Kommunikation zwischen Menschen kennt noch einen weiteren Fallstrick. Selbst wenn das Gehörte richtig verstanden wurde, muss es beim Empfäner noch lange nicht richtig interpretiert werden. Worte sind nämlich nicht wie die Codes einer Programmiersprache und immer einer ganz konkreten Bedeutung zugeordnet. Worte lösen vielmehr Assoziationen, Schlussfolgerungen, Bilder und Vorstellungen in unserem Kopf aus, die von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein können. Das hat viel mit unserem kulturellen Hintergrund zu tun und kann dazu führen, dass eine Aussage völlig anders aufgefasst wird, als sie eigentlich gemeint war. Auch die Art der Beziehung zwischen zwei Personen oder die augenblickliche Stimmung sind Einflussgrößen, die dazu führen können, dass das Gesagte mit dem Verstandenen nur noch wenig zu tun hat.

Wobei natürlich auch Unterschiede in Sprachniveau und Wortschatz zwischen Sender und Empfänger nicht unerwähnt bleiben dürfen. Wer kein deutscher Muttersprachler ist, wird vermutlich viele Nuancen der deutschen Sprache gar nicht kennen und daher manchmal das Gesagte anders einordnen, als es eigentlich gemeint war. Und er wird selbst immer wieder Worte verwenden, die leicht "daneben" liegen und dem Gesagten eine ganz bestimmte, ungewollte Färbung geben. Die einfache Frage "Kommst du mit?" ist eben nicht identisch mit "Kommst du mit, oder nicht?"

Fallstricke der Medienkommunikation

Erfolgt die Kommunikation über ein Medium, wird die Sache ert richtig kompliziert. Schon am Telefon ist Verstehen und verstanden werden ungleich problematischer als im direkten Gespräch. Ganz einfach weil die Körpersprache fehlt, über die wir sehr viele unterschwellige Signale wahrnehmen, die uns zumindest einen Anhaltspunkt liefern, wenn ein Missverständnis im Raum liegt.

Noch kritischer wird es, wenn das Medium E-Mail heißt, wenn sich die Kommunikationspartner in einem Chatroom oder einem Forum begegnen oder wenn sie Meinungen über eine Social Media Plattform austauschen. Hier neigt man nicht nur dazu, sich möglichst kompakt auszudrücken und die Botschaft in möglichst wenigen Worten zu formulieren. Es fehlt auch die direkte Reaktion des Gegenübers und damit die Chance, auf Missverständnisse unmittelbar reagieren zu können. Die Folge davon ist, dass viele Missverständnisse zu Fakten werden, weil der Gesprächspartner keinen Widerspruch gezeigt hat. Oder dass sie schlichtweg unerkannt bleiben, weil er glaubt, alles richtig verstanden zu haben, obwohl er in Wirklichkeit völlig daneben liegt.

Das größte Problem sind jedoch die eindimensionalen Medien. Ein Forscher, der seine Erkenntnisse in einem Buch niederschreibt oder ein Journalist, der seine Sicht der Dinge in einem Zeitungsartikel formuliert, erfährt oft überhaupt nicht, wie seine Gedanken beim Leser ankommen. Er weiß schlichtweg nicht, ob sie richtig aufgefasst wurden oder so verstanden wurden, wie er sie eigentlich gemeint hat. Mit der Folge, dass die Kommunikation über Printmedien, aber auch über Rundfunk, Fernsehen oder Websites völlig andere Reaktionen auslösen kann, als sie der Absender eigentlich im Sinn hatte. Und dass er davon erst mit großer Zeitverzögerung etwas mitbekommt. Wenn überhaupt.

So mancher Politiker hat in einem scheinbar unbedeutenden Nebensatz etwas gesagt, was die ganze Nation in Aufregung versetzt hat, obwohl er es eigentlich gar nicht so gemeint hat, wie es verstanden wurde. Was ganz besonders tragisch ist, wenn er es mit Journalisten zu tun hat, die es geradezu darauf anlegen, in seinen Äußerungen nach Dinge zu entdecken, die man ihm negativ auslegen kann.

Wenn Profis einfach Mist bauen

Für einen Menschen wir mich, der sich tagtäglich mit Kommunikation beschäftigt, sind das natürlich uralte Erkenntnisse. Umso mehr verwundert es mich, wenn ich wieder einmal einem Beispiel begegne, das geradezu schreiend darauf hinweist, dass auch Profis manchmal auf eine Art und Weise kommunizieren, bei der man sich an den Kopf langen muss.

Kürzlich fuhr ich zum Beispiel mal wieder nach Lübeck. Und wie es eben in der Stadt so ist, stand ich bald auch vor einer roten Ampel und hatte eine gute Minute Zeit, um mich der Plakatwerbung zu widmen, die schräg gegenüber um meine Aufmerksamkeit buhlte.

Da gab es zum Beispiel ein Plakat, auf dem nichts anderes stand als "19:30". Ich vermutete, dass es sich dabei um eine Uhrzeit handelte. Worum es ging, erfuhr ich leider nicht. Bei genauerem Hinsehen konnte ich lediglich den Absender erkennen. „ndr“ stand da in Kleinbuchstaben und ich vermutete, dass es sich dabei um den "Norddeutschen Rundfunk" handelte. Ob andere Menschen bei diesen drei Buchstaben ebenfalls spontan an eine Rundfunkanstalt denken, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie verdammt viel Neugier besitzen müssen, um den Sinn hinter der vermuteten Zeitangabe zu erfahren. Ich zumindest konnte das Geheimnis nicht ergründen, denn die zwei Zeilen am unteren Rand des Plakats waren so klein gedruckt, dass man schon unmittelbar vor dem Plakat stehen musste, um sie lesen zu können.

Plakate, so habe ich einmal gelernt, werden von vorbeigehenden Passanten vielleicht eine Sekunde lang, von Autofahrern sogar nur einen Bruchteil davon wahrgenommen. Ein Großteil der Lübecker wird also vermutlich jetzt wissen, dass es mit einer bestimmten Uhrzeit etwas Besonderes auf sich haben muss. Worum es dabei geht, wird allerdings bei den meisten Adressaten nie ankommen. Schade um das Geld. So eine Plakataktion hat bestimmt ein ordentliches Stück vom Gebührenkuchen gekostet.

Seit 2003 führt die Agentur Endmark in Kooperation mit YouGov die Claimstudie durch. Sie untersucht die Wirkung englischer und deutscher Werbesprüche aus verschiedeen Branchen. Befragt wurden in diesem Jahr über 12.000 Personen. Die aktuelle Studie zeigt: Eine Vielzahl der Befragten interpretiert englische Werbeaussagen falsch. In der Altersgruppe der 18- bis 44-Jährigen wussten 39 Prozent der Befragten "überhaupt nicht, was der Claim aussagt", bei den über 45-Jährigen waren es sogar 59 Prozent. Außerdem war die Mehrheit der Teilnehmer nicht in der Lage, die englischen Werbebotschaften auch nur annähernd so zu übersetzen, wie sie vom Absender intendiert war.

Doch das war nicht das einzige Werberätsel, das mir noch am selben Tag aufgegeben wurde. Eine rote Ampel später konnte ich wieder ein Beispiel professioneller Plakatkunst bewundern. Worum es dabei ging, ließ sich auch dieses Mal beim besten Willen nicht ergründen. "It's your choice!" stand da in schlecht lesbarer Handschrift auf schlicht weißem Grund. Darüber ein rotes Logo, das mich irgendwie an Zigaretten denken ließ.

Ich finde es ja bemerkenswert, dass ein internationales Markenunternehmen glatt auf einen Großteil seiner Zielgruppe verzichtet und damit einen gewaltigen Streuverlust in Kauf nimmt. Immerhin sind es nicht die Klügsten, die noch immer Zigaretten rauchen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit in die Höhe treibt, dass sie des Englischen nicht ausreichend mächtig sind und daher die Botschaft nicht verstehen werden.

Aber das ist eigentlich auch egal. Denn ich selbst spreche zwar fließend Englisch. Was es mit dem "choice" auf sich haben soll, verstehe allerdings auch ich nicht.

Bei einer öffentlich Rechtlichen "Anstalt" kann ich ja irgendwie noch nachvollziehen, weshalb man grottenschlechte Werbung macht. Da sitzen ja mittlerweile mehr Politiker 'rum, als Leute beschäftigt sind, die sich mit Kommunikation beschäftigen. Aber wie es eine namhafte Werbeagentur geschafft hat, einer der größten Zigarettenmarken so einen Schrott zu verkaufen, würde mich wirklich interessieren. Na ja, vielleicht hatten sie ja einfach keine Ideen mehr und haben es einfach der Konkurrenz nachgemacht. Ich denke da an die Zigarettenmarke mit dem "Don't be a maybe", was auch niemand verstanden hat.

Ich bin übrigens der Meinung, dass Missverständnisse in der Kommunikation zwischen Menschen meist nicht damit zu tun haben, dass der Empfänger zu blöd ist, eine Botschaft zu verstehen. Meist liegt es schlicht und einfach an der Tatsache, dass sich der Absender zu wenig Mühe gegeben hat, Sprache und Wortwahl seiner Botschaft auf die Denkwelt des Empfängers abzustimmen.