Handtaschen: Umständlicher geht's nicht

Frauen sind ja nicht dumm. Nicht grundsätzlich. Aber sie haben eine andere Art von Intelligenz. Eine, die sich einem männlichen Wesen nie wirklich erschließt und die man einfach so nehmen muss, wie sie ist. Ich mache das mal an einer weiblichen Handtasche fest. Es kann nur eine weibliche Tasche sein, denn Männer benutzen so etwas nicht. Und sie lässt tiefere Einblicke zu als man oberflächlich für möglich hält.

Eine Handtasche ist zunächst einmal ein ganz einfaches Gebilde. Es handelt sich dabei im Grund genommen um nichts anderes als einen simplen Sack mit Henkeln dran. Darin bringt Frau alles unter, was sie so zum Leben braucht. Tampons zum Beispiel. Oder Lippenstift. Mittlerweile auch das Handy. Und natürlich so unvermeidliche Dinge wie Schlüssel und Geldbörse. Wobei eine Frau nur selten ohne ihre Handtasche aus dem Haus geht. Ein Kleid hat nämlich so gut wie nie brauchbare Taschen, in denen man etwas unterbringen könnte und ihre Jeans hat sie natürlich so eng gewählt, dass die durchaus vorhandenen Taschen eher Dekoration sind.

Was man in einer Handtasche sonst noch so findet? Vor allem Kassenbons. Ich habe nie herausfinden können, weshalb Frau einen Kassenbon über ein Päckchen Bio-Käse, eine Tüte Tomaten und drei Becher Magerjogurt monatelang aufheben muss. Aber wenn man näher hinsieht, erschließt sich einem dennoch der tiefere Sinn dieser Angewohnheit. Kassenbons sind nämlich ideale Datenträger. Sie sind bei Frauen ungemein beliebt, um Notizen zu machen. Zum Beispiel die Telefonnummer des ach so tollen Frauenarztes, von dem die Freundin neulich so geschwärmt hat. Oder einfach irgend etwas, was man auf keinen Fall vergessen darf. Solche Notizen findet man zwar nie wieder, aber es beruhigt, sie immer dabei zu haben.

Ein Schreibgerät, um solche wichtigen Aufzeichnungen festzuhalten, findet man übrigens nur selten in einer Handtasche. Aber dafür gibt es ja uns Männer. Dass es mittlerweile Evernote, Google Notes und andere Apps gibt, mit denen man alles ganz bequem mit dem Handy festhalten könnte, hat sich übrigens nur in wenigen weiblichen Kreisen herumgesprochen. Die meisten Frauen beherrschen ohnehin nur WhatsApp und die Telefonfunktion ihres Handys. Und natürlich die Kamera, mit der sie alles festhalten, was ihr Leben ausmacht.

Aber zurück zu den Handtaschen. Diese unverzichtbaren Begleiter jeder Frau sind genau so, wie Frauen denken: spontan, unstrukturiert, chaotisch. Da gibt es keinen Organizer, in dem man alles so aufbewahren kann, dass man es auch jederzeit schnell zur Hand hat. Kein Fach für den Kugelschreiber, den Notizblock, das Handy, die Geldbörse, den Schlüsselbund. Das alles wird einfach reingeworfen und gesellt sich zu dem, was schon drin ist.

Das weibliche Wesen an meiner Seite trägt übrigens am Liebsten Handtaschen, die so winzig sind, dass darin selbst für das Handy und den Lippenstift kaum Platz ist. Die Schlüssel lässt sie daher einfach zu Haus. Die hab ja ich dabei. Und die Geldbörse sowieso. Zahlen ist schließlich Männersache. So ist sie eben. Aber ich liebe sie trotzdem.

Daran wird übrigens deutlich (und meine Liebste ist hier sicher keine Ausnahme), dass Handtaschen nicht nach irgendwelchen funktionalen Gesichtspunkten ausgesucht werden. Sie müssen nicht funktionieren. Sie müssen nicht praktisch sein. Sie müssen einfach nur schick aussehen. Und sie müssen nach Möglichkeit ein gold oder silbern glänzendes Label tragen, das auf eine edle Herkunft hinweist. Auch ich stand schon mal bei Max Mara und habe mir eine Damen-Handtasche angesehen, die ich in Sachen Design und Ästhetik sehr ansprechend fand. Aber als ich mir ihr Inneres ansah, habe ich sie kopfschüttelnd zurückgestellt. „Form follows Function“ lautet der Grundsatz jedes Designers. Bei Damen-Handtaschen hat man jedoch das Gefühl, dass hier eher Künstler am Werk waren, die selbst bei einem so wichtigen Accessoire wie einer Handtasche über praktische Aspekte nie nachgedacht haben.

Meine Liebste hat zum Beispiel ein Exemplar, bei dem das Prinzip Sack zur Perfektion getrieben wurde. Das Teil sieht edel aus und stammt von Boss. Rein technisch gesehen besteht es aus einem oval geformten Boden aus Leder und einem Tubus aus demselben Material, das die Seitenwände bildet. Dazu zwei Henkel und fertig ist das, was man wohl schlichtes, zeitloses Design nennt. Verschließen kann man das Ding nicht, wenn man von einem einzelnen Druckknopf absieht, mit dem die Seitenwände oben zusammengedrückt werden können. Eine Tasche, die also nur für geschlossene Räume geeignet ist. Oder für anhaltende Schönwetter-Perioden, denn schon ein leichter Regenguss würde gnadenlos ihre Schwäche offenbaren.

Wobei eine Handtasche genau das ist, was der Name schon sagt. Eine Tasche, die man in der Hand tragen muss – und zwar ständig. Diese Hand fällt somit für jede andere Tätigkeit aus. Das ist auch ihrer Besitzerin meist lästig, weshalb sie das kostbare Teil instinktiv meist irgendwo im Bereich der Armbeuge trägt. Das ist zwar auch lästig und zwingt zu einer unbequemen Haltung, weil der rechte Arm ständig angewinkelt sein muss. Aber immerhin hat sie dadurch beide Hände zur Verfügung und die Gefahr, dass ihr die Tasche samt ihrem unwiederbringlichen Inhalt entrissen wird, ich auch deutlich geringer.

Diebe haben es nämlich mit Vorliebe auf Damen-Handtaschen abgesehen. Eine einfachere Möglichkeit, an einen vollen Geldbeutel zu kommen, gibt es schlicht und einfach nicht. Meist genügt schon ein blinder Griff ins Innere und das dicke Lederding ist ertastet, um unbemerkt den Besitzer zu wechseln. Oder der Dieb nutzt einfach den Überraschungseffekt und ergreift sich blitzschnell die Tasche, die ja extra dafür praktische Henkel besitzt.

Hat schon mal jemand gehört, dass einem Mann die Handtasche entrissen wurde? Wohl kaum, denn Männer verzichten aus gutem Grund auf so ein unpraktisches Accessoire. Wir tragen Messenger Bags oder Slings, die man über die Schulter hängt und damit ihr Gewicht optimal auf den Körper überträgt, ohne dass auf Dauer die Arme lang werden. Früher kannten wir auch Aktentaschen, aber die sind wohl irgendwann außer Mode gekommen. Eben, weil sie denkbar unpraktisch waren. Heute führt so etwas nur noch der Gerichtsvollzieher mit. Oder der Räuber vom Finanzamt, der sich auf seinem Raubzug, genannt Steuerprüfung, befindet.

Wobei alle anderen auf eine Tasche gut verzichten könne. Zumindest im normalen Alltag. Schließlich tragen wir Jacken oder Sakkos mit gefühlten hundert Innentaschen, die extra dafür geschaffen wurden, all die Kleinigkeiten aufzunehmen, die man meint, unbedingt dabei haben zu müssen. Darunter natürlich eine Innentasche extra fürs Handy und natürlich eine für den Geldbeutel. Und wenn es für eine Jacke zu heiß ist, weicht Mann zumindest in der Freizeit auf Cargos oder Bermudas mit Beintasche aus. Oder wir stopfen einfach das Nötigste in unsere Hosentaschen. Dass die arscheng sein müssen, damit Mann schön sexy aussieht, interessiert nämlich nur Männer, die eigentlich keine sind.

Aber die tragen dann auch schon mal eine Handtasche.