Elektroauto: Wer lässt sich denn auf sowas ein?

Es ist schon fast ein Reflex: Elektro ist gut, Elektro ist die Zukunft, Elektro-Autos sind klimaneutral und alle anderen müssten eigentlich verboten werden. Selbst die Motorpresse (oder das, was davon noch übrig ist) kommt neuerdings ins Schwärmen, wenn immer es um ein sündhaft teures Auto mit Elektroantrieb geht. Das muss so sein, das ist grün, das ist politisch korrekt. Seltsamerweise sind nur die Käufer völlig anderer Meinung.

Kürzlich unten in der Tiefgarage: Mein Nachbar hatte sich ein neues Auto gekauft. Einen SUV natürlich, denn er ist schon etwas älter und findet es praktisch, dass man da recht bequem einsteigen kann, ohne halb in die Liegestellung gehen zu müssen. Und einen Diesel, denn das ist schließlich noch immer die kostengünstigste Art, Auto zu fahren. Außerdem wird einem ja ein Diesel momentan geradezu nachgeworfen und billiger kommt man einfach nicht an ein komfortables, bewährtes, alltagstaugliches Auto ran. 

„So ein Elektroding kommt für mich nicht in Frage,“ meinte er und wusste auch, warum. „Das ist doch Spielzeug. Entweder sind es lächerliche Kleinwagen für viel Geld oder Luxusgefährte ohne praktischen Nutzen.“

Recht hat er. Die Kleinwagen vom Schlag eines Zoe haben eine Batterie, die gerade mal einen Trip in die Stadt und zurück überlebt. Und sie sind so spartanisch, dass selbst das keinen Spaß mehr macht. Wer will schon ein Auto, das die ganze Nacht an der Steckdose hängen muss, um einem dann gerade mal ins Büro und zurück zu bringen? Wer will sich ständig über Akkuladung und Reichweite Gedanken machen, nur um in der Nachbarschaft als grün, umweltfreundlich zu gelten? Was geht eigentlich im Kopf eines Menschen vor, der sich so etwas freiwillig antut?

BMW hat mächtig viel Zeit und Geld in die Entwicklung des i3 investiert, um am Ende festzustellen, dass das Ding eigentlich kaum einer will. Mangels Umsatz wird also bald Schluss damit sein. Auch hat man in München verlauten lassen, dass man keinesfalls die Absicht hat, die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors aufzugeben. Bayern waren eben schon immer ziemlich bodenständige Menschen. 

Der VW-Konzern hingegen gehört zu 20 % dem Land Niedersachsen und sieht wohl auch bedingt durch diese Nähe zur Politik seine Zukunft allein in der Elektromobilität. In die mittlerweile achte Auflage des Hauptumsatzträgers Golf hat man wohl nicht mehr allzu viel Entwicklungskapazität stecken wollen und hat daher ein Produkt abgeliefert, über das Händler und Kunden gleichermaßen schimpfen. Dafür wirft man einen noch nicht ganz fertigen ID.3 auf den Elektromarkt, der erst nach Monaten all das können wird, wofür seine Käufer gehörig viel Geld hinblättern sollen. Bei „auto motor und sport“ ist man natürlich voll des Lobes. Aber dort fand man ja schon immer alles ganz toll, was aus deutscher Produktion stammt. Auch einen Winzling, der sich bestenfalls als Shopping-Car für die City eignet. 

Aber auch ein elektrischer VW ist nur ein Elektrofahrzeug und damit kein vollwertiges Auto, mit dem man problemlos von A nach B kommt. Es ist ein automobiler Zwerg zum Erwachsenenpreis, bei dem sein Besitzer viele Abstriche in Kauf nehmen muss, anstatt sich über Fahr- und sonstigen Komfort freuen zu können. Ich wette daher einen Kasten Champagner, dass VW mit seiner Elektro-Euphorie das nächste Jahrzehnt nicht überleben wird. 

Ähnliches prophezeie ich auch der einzigen Vorzeigemarke Mercedes. Die Marke lebt schon seit Jahrzehnten von ihrem unerschütterlichen Premium-Image und der Bereitschaft erstaunlich vieler Menschen, für ein ganz gewöhnliches Auto exorbitante Preise zu bezahlen. Aber den Großteil davon wollen die Stuttgarter offenbar nun loswerden. Künftig soll Mercedes wieder für automobilen Luxus stehen, heißt es aus dem Vorstand. Man wolle sich auf die Modelle mit den hohen Gewinnmargen konzentrieren und ansonsten verstärkt auf E-Mobilität setzen.

Die Automobilhersteller wissen, dass es für E-Autos eigentlich nur zwei Zielgruppen gibt: Die Ökos, die damit ihr grünes Gewissen dokumentieren wollen. Und die Angeber, die sich supercool und absolut innovativ fühlen, wenn ihr Mercedes, Audi, BMW oder Porsche mit Strom fährt, anstatt mit Super. Erste empfinden es als ein persönliches Opfer, wenn sie für den Preis einer besser ausgestatteten Mittelklasse-Limousine nur einen mickrigen Kleinwagen fahren, der bestenfalls unter Ihresgleichen Anerkennung findet. Letztere müssen auf ein paar Zehntausender nicht achten und werden schon morgen auf den nächsten Trend aufspringen, der das eigene Image aufpoliert. Die Modellpolitik der Hersteller spiegelt genau diese Marktsituation wider. Hier die Kleinwagen, die lediglich ein Minimum an Mobilität erlauben. Dort die Luxuskarossen, die dem Luxus- und Repäsentationsbedürfnis ihrer Eigner entsprechen. 

Doch beide Zielgruppen sind verschwindend klein und stehen in keinem Verhältnis zum restlichen Milliardenmarkt der Branche. Dieses Bild wird zwar durch üppige staatliche Zuschüsse etwas verschoben, aber das Beispiel Norwegen zeigt, dass die Nachfrage schnell wieder einbricht, sobald Anreize aus der Steuerkasse ausbleiben. Denn ganz gleich ob Mini oder Luxuslimousine, Elektrofahrzeuge bieten längst nicht dieselbe Problemlosigkeit und Flexibilität, die für jeden Diesel oder Benziner heute ganz selbstverständlich ist. 

Ist der Tank leer, fährt man mit einem richtigen Auto ganz einfach zur nächsten Tanke und füllt ihn wieder auf. Das dauert kaum fünf Minuten und die Fahrt kann weitergehen. Moderne Diesel sind heute so sparsam, dass eine Tankfüllung ganz locker von Hamburg bis München reicht. Mit einem elektrischen Porsche muss man hingegen für dieselbe Strecke zwei Ladepausen einplanen und ist damit schon von vornherein zwei Stunden länger unterwegs. Hat man einen i3 oder ID.3 sollte man lieber gleich den ICE nehmen oder richtig viel Zeit mitbringen.

Dazu kommt, dass einen Akku zu laden nicht nur ziemlich lange dauert. Es ist auch deutlich komplizierter als einfach eine Zapfpistole in den Tankstutzen zu stecken. Und die Ladezeit ist sehr davon abhängig, welche Ladestation man erwischt hat. Zum Laden eines Autoakkus gibt es nämlich eine ganze Reihe von Standards und längst nicht jedes Fahrzeug beherrscht alle davon. Außerdem kann auch die Abrechnung zum Problem werden. Kaum eine Ladesäule akzeptiert nämlich Kreditkarten. Stattdessen verlangt jedes System seine eigene App, ohne die der Ladevorgang schlicht und einfach nicht funktioniert. Bei manchen Anbietern muss man auch erst registrierter Kunde sein und sich für einen bestimmten Tarif entschieden haben, bevor aus der Säule Strom fließt. Man weiß also vor dem Laden nie so genau, wie lange das Ganze dauern wird - und ob es überhaupt funktioniert. Da heißt es, vorausschauend zu handeln und möglichst oft die nächste Ladesäule anzufahren, bevor der Akku leer ist und die Kiste nur noch abgeschleppt werden kann. Siehe dazu auch hier den Bericht eines Reporters. 

Der Staat hat zwar viel versprochen, um die Elektromobilität zu pushen. Doch bei aller Regelungswut, die es sonst in diesem Land gibt, hat man eine verbindliche DIN-Norm zum Laden von Elektrofahrzeugen schlicht und einfach vergessen. 

E-Mobil-Fahrer tun zwar immer so, als würden sie ihr Auto einfach schnell mal aufladen, während sie eine Tasse Kaffee trinken gehen. Doch die Realität ist doch ziemlich ernüchternd. Nicht nur, dass die im Prospekt angegebene Reichweite pro Akkufüllung bestenfalls erreicht werden kann, wenn man auf der Autobahn zum Verkehrshindernis wird. Auch kann man nicht einfach am nächsten Rasthof anhalten, sondern muss erst mal in einer App nachsehen, wo denn die nächste passende Ladesäule ist. Und die steht längst nicht immer da, wo man sie gerade braucht. Im Ausland noch weniger als in Deutschland. 

Ein Großteil der Deutschen lässt sich zwar durch ständige Medienberieselung einreden, dass der Umweltgau unmittelbar bevorsteht und die Rettung des Weltklimas zu den größten Herausforderungen unserer Zeit zählt. Doch bei der Elektromobilität scheiden sich die Geister. Wer zwei Schritte weiterdenkt, wird sich nämlich irgendwann fragen, wie es denn funktionieren soll, wenn irgendwann jeder elektrisch fährt und Nacht für Nacht all die Stromer am Netz hängen, um ihre Akkus wieder aufzufrischen. Und wer abends einen Spaziergang im Viertel macht, wird vielleicht ernsthaft darüber nachdenken, woher denn all die Laternenparker künftig ihren Strom beziehen sollen, um am nächsten Tag ins Büro fahren zu können. An die nächste Urlaubssaison möchte man da schon gar nicht denken. So viele Ladesäulen kann man gar nicht bauen (von den dazu gehörenden dicken Stromleitungen ganz zu schweigen), um ein Chaos an jeder Raststätte zu verhindern.  

Und noch etwas: Wenn man an die Tanke fährt, steht da ganz groß, was ein Liter Benzin oder Diesel kostet. Beim Aufladen eines Elektroautos hingegen erfährt man nur selten, was es kosten wird, einen leeren Akku wieder zum Energiespender zu machen. Das kann man auch hier nachlesen. 

Anders gesagt: Wenn man das Thema zu Ende denkt, machen Elektrofahrzeuge einfach keinen Sinn. Sie sind kein Fortschritt für die Mobilität des Einzelnen, sondern ein gewaltiger Rückschritt. Sie erleichtern unser Leben nicht, sondern machen es erheblich komplizierter. Sie lösen noch nicht einmal ein Umweltproblem, sondern verlagern lediglich die Symptome. Und das in einer Zeit, in der die Motoren moderner Fahrzeuge so wenig Schadstoffe ausstoßen, dass man empfindliche Messstationen braucht, um sie überhaupt nachweisen zu können. Es ist daher kein Wunder, dass die von den Medien verunsicherten Käufer zurückhaltend reagieren, sich momentan überhaupt ein Auto zu kaufen. Und es ist eine Tatsache, dass sie am Ende doch wieder einen Benziner oder DIesel nehmen, mit dem das Autoleben so bequem und einfach bleibt, wie man es seit Jahrzehnten gewohnt ist.