Smartwatches: Dritter Anlauf zur richtigen Uhr

Über Hybreid-Watches zu Smartwatch

Am Anfang galten sie als der nächste Hype des Digitalzeitalters. Nach dem Smartphone war die Smartwatch angesagt. Apple feierte sie als den nächsten Entwicklungsschub nach dem iPhone und verkaufte sie zu Preisen, für die Kenner einen richtig edlen Chronografen erwerben. Zum durchschlagenden Erfolg wurden die Wearables daher nie. Vermutlich auch, weil nicht jeder seine schicke Edelstahl-Uhr gegen so ein Plastikding austauschen wollte. Doch wie es scheint, liegen Smartwatches jetzt wieder im Trend.

Samsung Gear Withings und AmazfitEigentlich konnte ich mich für eine Smartwatch nie so richtig begeistern. Vor allem, weil es noch eines dieser Gadgets war, das jeden Tag ans Ladegerät musste. Dabei hatte ich doch schon Probleme damit, Handy und Tablet immer unter Saft zu halten. Also behielt ich meine Seiko am Arm, tauschte von Ewigkeit zu Ewigkeit den Akku aus und musste mich ansonsten um nichts kümmern. Die Zeit wurde per Funk synchronisiert und selbst um die Sommer- oder Winterzeit kümmerte sich der Zeitgeber selbst. Mit dem Quarz-Chronografen konnte man zwar tausend Dinge machen, aber ich habe das beachtlich dicke Manual nie durchgelesen. Das Ding sah schick und irgendwie maskulin aus. Es zeigte zuverlässig die Uhrzeit an und mehr interessierte mich eigentlich auch nicht.

Doch manchmal nimmt das Leben eine unerwartete Wendung. Bei mir war es einfach nur ein dummes Missgeschick. Ich hatte die Uhr auf dem Tischchen neben dem Bett liegen, griff in der Dunkelheit danach und das Teil rutschte mir aus den Fingern, um mit einem unheilvollen Knacken auf den Fließenboden zu fallen. Nicht so schlimm, dachte ich spontan. Die Uhr hatte schließlich schon so manchen Schlag ausgehalten. Aber am nächsten Morgen stellte es sich heraus, dass die Zeiger nur noch unmotiviert hin und her zuckten und die Uhr ein für allemal dahin war.

Also machte ich mich auf Online-Recherche. Mit dem Thema Uhr hatte ich mich nämlich schon seit vielen Jahren nicht mehr auseinandergesetzt.

So ein dicker, chromblitzender Chronograf sollte es eigentlich nicht mehr sein. Was mir wirklich zusagte, war so eine flache, schlichte Uhr von Skagen. Da gab es Modelle, die keine fünf Millimeter dick waren und einfach nur Uhrzeit und Datum anzeigten. Mehr wollte ich doch eigentlich nicht, oder? Aber einfach nur eine Uhr mit Zeigern, das war doch eigentlich nicht mehr zeitgemäß, bohrte es in meinem Hinterkopf und ich studierte Uhren voller Features, die weit mehr konnten, als nur die Zeit anzuzeigen.

Was mich jedoch regelmäßig weiterklicken ließ war die Tatsache, dass die meisten von ihnen gerade mal einen Tag liefen und dann wieder ans Ladegerät mussten. Das jedoch schien mir ein absolutes no-go zu sein. Also klicke ich weiter.

Worauf ich schließlich stieß, war die Kategorie der Hybrid-Smartwatches. Die sagen auf der einen Seite so aus wie eine konventionelle Uhr, hatten also klassische Zeiger und kamen recht schlank daher. Auf der anderen Seite ließen sie sich aber mit dem Handy verbinden und konnten daher weit mehr, als eine normale Uhr zu bieten hat. Außerdem wurden Akku-Laufzeiten von mehreren Wochen angegeben. Das schien mir eine praktikable Lösung zu sein, die meine ästhetischen Vorstellungen mit meinem Spieltrieb verband.

Es wurde dann eine Withings Steel SR, ein schlichtes flaches Ding mit klassischen Uhrzeigern und einem zusätzlichen kleinen LED-Display, das aber nur auf Knopfdruck sichtbar wurde. Die Uhr zeigte mir nicht nur an, wie viele Schritte ich an diesem Tag schon getan hatte und wie gut ich letzte Nacht geschlafen hatte. Es war auch eine Stoppuhr, ein Wecker und in Verbindung mit dem Handy zeichnete sie sogar meine Radtouren auf, die für mich die einzige sportliche Betätigung darstellten.

Soweit, so gut. Doch die Uhr wirkte mit ihren 40 mm Durchmesser doch irgendwie zierlich an meinem Handgelenk. Nicht so männlich, wie meine gute alte Seiko. Fast schon wie eine Damenuhr.  Das nagte in mir und ich landete immer mal wieder bei Amazon, um mir andere Alternativen anzusehen. Irgendwann im Urlaub tauchte dann ein Super-Super-Sonderangebot von Amazon auf meinem Tablet auf. Der Preis war heiß und ich sagte mir, versuchen kannst du es ja mal. Also bestellte ich mir die Samsung Gear und ein ordentliches Edelstahl-Armband gleich dazu. Sie ist mit 46 mm Durchmesser natürlich eine andere Klasse als die Withings. Leider ist sie aber wieder so dick wie ihre mechanische Seiko Vorgängerin. Aber sie wirkte einfach männlicher und ich habe wieder das Gefühl, etwas „richtiges“ am Handgelenk zu tragen.

Ich benutze sie mal mit klassischen Zeigern und mal mit digitaler Zeitanzeige. Das ist eben der Vorteil von digital statt mechanisch. Und irgendwie mag ich es, wenn sie mit mir „spricht“. Habe ich mal wieder zu lange an meinem Schreibtisch gesessen, vibriert sie mahnend und schlägt mir vor, einige Torsoübungen zu machen. Da wäre ich von mir aus nie drauf gekommen und in schöner Regelmäßigkeit erst recht nicht.

Wenn sie nicht gebraucht wird, wird sie automatisch dunkel, um sofort wieder voll aufzuwachen, sobald ich die typische Handbewegung mache, um auf die Uhr zu sehen. In der Nacht lässt sie sich auch komplett schwarz schalten. Wie ein personal Trainer achtet sie darauf, dass ich mich jeden Tag ausreichend bewege und meldet sich mit einer freundlichen Erinnerung, wenn ich eigentlich mal wieder ein paar Schritte gehen sollte. Dann entscheide ich mich, zu Fuß zum Bäcker zugehen, anstatt das Auto zu nehmen, denn ich habe mir immerhin bescheidene 3000 Schritte pro Tag vorgenommen.

Wenn ich meine abendliche Radtour mache, erkennt sie das von ganz allein und hält alle relevanten Daten fest. Die Handy-App, die dazu gehört, macht zwar noch nicht ganz das, was ich mir vorstelle, aber sie führt lückenlos Buch über Schlafzeiten und Aktivitäten. Für einen eher träge gestimmten Menschen wie mich nicht die schlechteste Idee.

Das mit der Batterie-Kapazität ist zwar nicht wirklich optimal. Aber zum Sonderangebot von Amazon gab es eine Powerbank dazu, auf die man die Uhr zum Laden nur auflegen muss. Eine Teepause genügt und sie ist wieder voll.

Außerdem war die Samsung Gear recht unterhaltsam. Man kann zum Beispiel die Musik im Handy damit bedienen. Man kann damit telefonieren. Man kann Nachrichten anzeigen. Man wird an Termine erinnert. Man hat immer alle Kontakte dabei. Man kann sich wecken lassen. Man bekommt das Wetter und die neuesten Nachrichten angezeigt. Man kann sich die Einkaufsliste anzeigen.

Nur: All das kann die Smartwatch eher schlecht als recht. Wozu also, wenn das Handy ohnehin die bessere Alternative ist? Vor allem aber ging mir die ständige Laderei irgendwann doch auf die Nerven. Nach der anfänglichen Euphorie stellte sich also bald Ernüchterung an und ich ertappte mich wieder, wie ich spät abends durch die Amazon-Angebote scrollte.

Was ich dabei entdeckte, war eine Smartwatch namens Amazfit GTR. Die sah noch eine Spur edler aus als die Samsung und war ein paar Millimeter flacher. Vor allem aber wurde eine Laufzeit von drei Wochen angegeben. Und das nicht in irgend einem Stromsparmodus, sondern mit voller Funktionalität. Ich dachte mir also: Bestell sie dir einfach. Wenn sie dir nicht gefällt, kannst du sie ja jederzeit zurückschicken. Also klickte uich und wartete auf den DHL-Mann.

Nein, sie hat nicht die Funktionsvielfalt einer Samsung Gear. Man kann damit weder telefonieren (was ohnehin mehr recht als schlecht funktioniert). Auch konnte man keine Musik darauf speichern (aber die Bluetooth-Verbindung zum Kopfhörer hatte sich ohnehin als prohibitiver Akkufresser erwiesen). Sie gab auch keine ständigen Fitness-Hinweise von sich (dir ich ohnehin immer mehr ignoriert habe). Aber ansonsten hatte sie alles, worauf es mir ankam. Die Samsung Gear fand über eBay spontan einen Käufer und ich trage jetzt eine Smartwatch, deren Namen vermutlich nur Insider kennen und die sich irgendwie wie ein Teil von mir anfühlt.