Manspreading: Männer sind eben wie Männer

Seitdem gut die Hälfte aller Medienschreiber mittlerweile weiblicher Natur sind, finden natürlich auch immer mehr weibliche Themen Einzug in die gedruckten Magazine, Online-Portale und Blogs. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn es da nicht die erklärten Emanzen geben, die meinen, an allem etwas aussetzen zu müssen, was irgendwie typisch männlich ist und damit verurteilt werden muss.

Da bin ich zum Beispiel beim Surfen über eines dieser Verlagsprodukte gestolpert, bei denen man nicht so richtig weiß, warum es sie eigentlich gibt und wer damit wie Geld verdienen will. The Definitive Guide To An Uncertain World hatte sich die dahinter stehende Verlagsgruppe auf die Fahnen geschrieben. Die Themen reichten von von Tech über Menschen, Drogen, Popkultur und Sex bis zur Politik. Was mir allerdings sofort auffiel waren die Namen, die unter den meisten Artikeln standen. Es waren fast ausschließlich Frauen, die an diesem Leitfaden schrieben. Lediglich wenn es um Politik ging, tauchten auch ein paar Männer auf. 

Hängen geblieben bin ich an dem Artikel „Warum Manspreading ein größeres Problem ist, als viele denken“. Dass unsereins manchmal gerne etwas breitbeinig Platz nimmt, weil es so einfach bequemer ist, war mir durchaus bewusst. Aber was daran ein Problem sein soll, hat bei mir nur Fragezeichen ausgelöst. Hat die Frau keine echten Probleme? 

Offensichtlich nicht, denn sie beschrieb in aller Ausführlichkeit, dass Männer im Bus oder der Bahn einfach zu viel Platz beanspruchen würden und das schien sie gewaltig zu stören. „Sie nehmen sich den Platz, weil sie ihn wollen, und weil sie vielleicht gar nicht wissen, dass er ihnen nicht zusteht,“ motzte sie. Wobei sie natürlich nicht darauf einging, was hier wem eigentlich zustehen soll und warum. Aber sie hatte natürlich eine „Studie“ zur Hand. Darin hatte sie angeblich gelesen, dass Männer fünfmal so oft ihre Beine in der U-Bahn ausstrecken wie Frauen. 

Doch sie hat ein Mittel dagegen gefunden. Sie setzt sich gezielt neben den unverschämten Kerl und versucht, ihn mit bewusstem Körpereinsatz zur Seite zu drängen. Meist bewirkt sie damit allerdings gar nichts, außer vielleicht einen schrägen Seitenblick im Sinne von „was willst du denn von mir?“

Eine Antwort auf das Phänomen fand angeblich die Autorin bei der Sportwissenschaftlerin Ina Hunger. Die meinte, herausgefunden zu haben, dass die körperlichen Ausdrucksformen von Kindern von der Umwelt „klar zweigeschlechtlich vorstrukturiert“ würden. In der Folge davon verhalten sich eben Jungen wie Jungen und Mädchen wie Mädchen. Dass das auch irgendwie mit Biologie und einer langen Entwicklungsgeschichte zu tun haben könnte, die mittlerweile fest in unseren Gehirnen verdrahtet ist, kam der Dame offensichtlich nicht in den Sinn. 

Auch ein Sozialwissenschaftler namens Paul Scheibenhofer wird zitiert. Für ihn hat Manspreading vor allem mit Machtverhältnissen zu tun. Männer werden eben zu Kämpfernaturen erzogen. Folglich nehmen sie sich einfach, was ihnen wichtig ist, ohne erst lange zu fragen. Aufmerksamkeit zum Beispiel. Aber auch Raum zur Selbstentfaltung. Frauen hingegen bringt man eher Selbstkontrolle bei und sie fragen sich ständig, wie wohl ihr Verhalten von den Anderen aufgefasst wird. Auch hier muss man fragen, ob das alles nur Erziehung ist, oder ein Verhaltensmuster, das Mann und Frau einfach unterscheidet. 

Nachdem mein Interesse geweckt war, habe ich natürlich ganz gezielt nach dem Stichwort „Manspreading“ gesucht und gleich eine ganze Reihe von Artikeln dazu gefunden. Das Thema scheint also wirklich die weiblichen Gemüter zu bewegen. 

Da ist zum Beispiel eine Karin, die sich in ihrem Reiseblog des Themas annimmt. Ihren Besuch beim Arzt kommentiert sie mit folgenden Worten: „Dieser peinliche Anblick! Ich habe mich belästigt gefühlt. Belästigt vor allem aber durch dieses anmaßende und unästhetische Sitzen. So viel Respektlosigkeit gegenüber den Mitmenschen muss doch nicht sein.“

Sie redet in der Folge überhaupt viel von „Respektlosigkeit“ und „Benehmen“ und empfindet den Blick auf den männlichen Mittelpunkt offensichtlich als peinlich. Warum wohl? Wenn ich etwas nicht sehen will, dann gucke ich einfach nicht hin. Und wenn sich eine ansehnliche Frau ganz lässig hinsetzt und mir mehr zeigt, als andere als schicklich empfinden mögen, genieße ich die indiskrete Offenbarung und erfreue mich am gesamten Ensemble. 

Aber es gibt eben auch Frauen, die mit allem ein Problem haben, das irgendwie typisch männlich ist. Da wird dann etwas zum Problem hochgejubelt, das Jahrhunderte lang niemand gestört hat. Und in ganz alltägliche Verhaltensweisen wird patriarchalisches Herrschaftsdenken hineininterpretiert, das unbedingt bekämpft werden muss. Das geht so weit, dass eine russische Jurastudentin Männern in der U-Bahn Bleiche in den Schritt kippt, weil sie sich erlauben, eine typisch männliche Beinhaltung anzunehmen. Und das auch dann, wenn ringsherum genügend Plätze frei sind, auf denen sie sich hätte hinsetzen können. Aber weibliche Gewalt erfreut sich ja heute allgemeiner Toleranz. Wenn ein Mann sich gegen eine Frau wehren würde, die nicht nur einen Sitzplatz für sich selbst beansprucht, sondern daneben auch noch einen für ihren Mantel, ihre Handtasche und ihre Einkaufstüten, dann wäre vermutlich der Teufel los. 

Aber wir Männer sind ja nicht so. Wir sehen den Ausdruck weiblicher Raumergreifung und denken uns unseren Teil dabei. Im Hotelzimmer ist es schließlich genauso: Er stellt seinen Koffer ab, hängt brav seine Klamotten in den Schrank und ist im Badezimmer eigentlich nur mit seinem Rasierapparat präsent. Sie hingegen mindestens doppelt so viel Gepäck dabei und nachdem sie im Bad war, steht dort alles voll mit tausend Fläschchen und Tuben. Ich habe aber noch nie gehört, dass ein Mann daraus ein Thema gemacht hat und alle Gazetten voll mit dem Stichwort „Womanspreading“ wären. Nein. Wir geben uns nicht mit Pipikram ab. Wir kümmern uns um das Wesentliche. Wir freuen uns auf den nächsten Fick und alles andere ist Beiwerk, das man eben dafür in Kauf nehmen muss. Wir wissen auch, dass man sich mit einer Frau nicht um eine Diskussion über ihre typisch weiblichen Unarten einlassen dar. Sie macht daraus glatt ein abendfüllendes Programm, hat anschließend Migräne und das mit dem Fick hat sich erledigt.

Wobei es mich immer wundert, wie oft sich Männer von lautstarken Emanzen in die Defensive treiben lassen. In Madrid zum Beispiel werden die Männer mittlerweile im Bus extra darauf hingewiesen, dass sie sich bitte nicht so breit machen sollen. Auslöser war eine Gruppe von 12.000 feministischen Aktivistinnen. Das heißt, die Bevölkerung einer Kleinstadt will dem ganzen Land vorschreiben, wie man zu sitzen hat. In Amerika, wen wundert’s, hängen mittlerweile ähnliche Plakate herum. Aber dort darf man einer Frau ja mittlerweile noch nicht einmal auf den Arsch (oder wahlweise die Titten) starren, ohne eine Anzeige wegen sexueller Belästigung zu kassieren. 

In New York wollten es eine Journalistin sogar ganz genau wissen. Sie tat es den Männern gleich und fläzten sich mit betont weit gespreizten Beinen in die Plastiksessel der U-Bahn. Das war gewissermaßen Ladyspreading anstelle von Manspreading - obwohl - eine richtige Lady tut das ja eigentlich nicht. Erreicht hat sie damit allerdings - nichts. Sie fühlte sich zwar selbst ziemlich unwohl in der ungewohnten Position, aber selbst ein Mann, der ihr direkt gegenüber saß, schaute nur kurz auf und vertiefte sich dann wieder in sein Handy. Vielleicht hätte sie sich ja für das Experiment nicht ausgerechnet schwarze Lederhosen anziehen sollen. Bei einem kurzen Rock wäre die Reaktion vermutlich anders ausgefallen. Männer sehen eben nur hin, wenn es auch etwas zu sehen gibt.