Self-Publishing: Verlage haben ausgedient
Früher war es recht mühsam, ein Buch zu veröffentlichen. Oft war es auch recht frustrierend und der Gewinn war alles andere als berauschend. Zwischen Autor und Leser standen nämlich Verlag und Buchhandel. Die haben zwar einen Großteil der Einnahmen geschluckt. Aber sie haben wenig bis nichts getan, um das Buch an die Leser zu bringen.
Ich habe es dreimal versucht. Einmal war es ein Ratgeber für angehende Selbstständige. Ein anderes Mal ging es um einen Krimi, an dem ich fast ein Jahr geschrieben habe. Das war in den 90er Jahren und damit zu einer Zeit, in der ohne Verlag eigentlich gar nichts ging. Bücher mussten schließlich gedruckt werden und das kostete richtig viel Geld. Und sie mussten vertrieben werden und das knabberte ebenfalls am Gewinn. Am Ende blieb meist nur ein kümmerliches Taschengeld übrig – und die Erkenntnis, dass man mit Büchern alles andere als reich wird.
Doch die Welt hat sich weiterentwickelt und heute ist alles ganz anders. Kennzeichnend dafür sind vor allem zwei Stichworte: E-Books und Digitaldruck.
In den USA werden mittlerweile weit mehr Bücher als E-Books erkauft als im guten alten Papierformat. Aber auch ein Spaziergang an der Strandpromenade hier an meinem Wohnort macht schnell deutlich, dass eigentlich nur noch die Alten mit einem Buch in der Hand im Strandkorb hängen. Alle anderen haben ein Tablet oder einen E-Book-Reader dabei, auf dem nicht selten Dutzende von Büchern gespeichert sind.
Ich treffe mich einmal im Monat mit einer Gruppe literaturinteressierter Ruheständler. Dort ist man der Meinung, ein richtiges Buch muss man sehen, fühlen und in der Hand halten können. Sie reden von Haptik, dem Geruch von Papier und der Berührung der Seiten beim Umblättern. Ich bin der Einzige, der das anders sieht. Wenn wir über ein bestimmtes Buch diskutieren, haben die anderen ihr Exemplar dabei und mit Merkzetteln und gelben Markierungen versehen. Ich hole das Tablet aus dem Rucksack und in meinem Buch sind die interessanten Stellen gelb markiert und mit Anmerkungen versehen. Ich bin zwar der Jüngste in der Runde, aber irgendwie habe ich das Gefühl, mich unter Menschen zu bewegen, die ihr Leben irgendwo angehalten haben. Vermutlich lesen die auch noch die Nachrichten vom Papier.
Wobei ich bei Book on Demand (BoD) in Norderstedt bei Hamburg erfahren habe, dass in Deutschland noch immer gut zwei Drittel aller Bücher in gedruckter Form gelesen werden. Wie gesagt, in den USA sieht das schon ganz anders aus und wenn man daran denkt, dass immer mehr Buchläden preite gehen, muss man kein Prophet sein, um dieselbe Entwicklung auch für Deutschland, Europa, den Rest der Welt vorhersagen zu können.
Für den Autoren hat das E-Book drei ganz entscheidende Vorteile: Er braucht keinen Verlag, der wenig tut und viel dafür haben will. Er muss nicht mit einem Lektor leben, der in den Inhalt des Buches eingreifen will. Er kann den Preis seines Buches selbst festlegen und gut zwei Drittel davon fließen in die eigene Tasche.
Verlage arbeiten gerne mit dem Argument, sie würden schließlich nicht nur für die Produktion des Buches in Vorleistung gehen, sondern sich auch um das Marketing kümmern. Das kann man aber getrost als Augenwischerei abtun. Marketing für einen unbekannten oder nur wenig bekannten Autor? Dafür gibt kein Verlag Geld aus. Mehr als ein Eintrag im eigenen Bücherverzeichnis kann da Max Nobody nicht erwarten. Manchmal auf Papier, meist aber lediglich auf der Website.
Ein E-Book kann man relativ einfach selbst produzieren. Die Tools dafür gibt es im Web und das Ergebnis ist auch nicht anders als vom Profi. Wer von Grafik nichts versteht, kann sich einen Mediengestalter nehmen, der für ein paar Euro einen sehenswerten Buchtitel zaubert. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann sich auch einen Lektor leisten, der die gröbsten Fehler beseitigt. Oder er liest das ganze Werk einfach in aller Ruhe noch einmal durch, bevor es online geht.
Viele Verlage haben die Zeichen der Zeit erkannt und ihr Geschäftsmodell längst den neuen Gegebenheiten angepasst. Sie verstehen sich nicht mehr als klassischer Verlag, sondern als Dienstleister für Autoren. Man bezahlt also die Leistungen, die man haben will und macht den Rest in Eigenregie. BoD ist eines der ersten Unternehmen, das genau auf dieser Linie liegt. Entstanden ist das Unternehmen aus dem Digitaldruck heraus. Am Anfang hat man sich darauf spezialisiert, Bücher in Kleinstauflagen zu produzieren, mit denen die Verlage nicht mehr in Vorleistung für den Drucker gehen wollten. Mittlerweile arbeiten alle großen Verlage mit Digitaldruck, ohne dass Autor und Leser etwas davon merken.
Digital kann man nämlich ein Buch auch in einer Auflage von nur einem Exemplar drucken. Das funktioniert nicht viel anders als beim Drucker am heimischen Computer, nur dass die Maschinen dafür ein paar Nummern größer sind. Und dass sie als Druckvorlage lediglich ein PDF brauchen, ohne dass an der Hardware irgendetwas eingestellt werden muss. Einer digitalen Druckmaschine ist es nämlich völlig egal, ob hinten nur ein Exemplar rauskommt, oder ob sie zehn, hundert oder Tausende drucken soll.
Papier ist also hier lediglich ein ziemlich aufwendiger Umweg, wenn man daran denkt, dass man dasselbe Buch auch ohne jeden Aufwand direkt auf dem Tablet lesen kann. Aber, wie gesagt, es gibt immer noch Leute, für die nur ein gedrucktes Buch ein „richtiges“ Buch ist und die man eben nur auf diesem Weg erreichen kann.
Wobei mittlerweile sowohl Amazon als auch andere Dienstleister beide Varianten anbieten. Jedes Kindle E-Book lässt sich nämlich direkt am Bildschirm in ein druckbares Buch umwandeln, von dem dann direkt nach Bestellung ein einziges Exemplar produziert wird.
Womit wir wieder zum Marketing kommen. Self-Publisher sind nämlich hier voll und ganz auf sich selbst gestellt. Man kann zwar bei Amazon passende Suchbegriffe eingeben, um alle Bücher zu finden, die den eigenen Interessen entsprechen. Aber wenn da einer „Krimi“ eingibt und du einen Krimi geschrieben hast, wird er mit Tausenden von Titeln konfrontiert und du musst schon mächtig Glück haben, dass dein Buch darunter ist.
Ohne eigene Initiative wird daher nicht viel laufen.
Ich veröffentliche derzeit 16 Titel als Kindel E-Book und kann ein Lied davon singen. Die meisten meiner Bücher sind erotischer Natur und bewegen sich in einem ganz bestimmten Segment der Erotik. Ich werbe dafür in den üblichen Social Media-Kanälen und reserviere dafür jeden Tage eine Viertelstunde meiner Zeit. Außerdem bin ich in den einschlägigen Foren präsent, veröffentliche Leseproben und diskutiere gelegentlich mit, um bekannt zu bleiben. Außerdem habe ich eine eigene Autoren-Website, auf der sich alles um meine Buchthemen dreht. Dort kann man meine Bücher auch herunterladen, kann Kurzgeschichten lesen und in meinem Blog stöbern. Das tun mittlerweile gut 2.000 Besucher im Monat.
Aber die sind natürlich nicht „einfach so“ auf meine Seite gestoßen, sondern wurden durch permanente Aktivitäten gezielt darauf gelenkt. Das finanzielle Ergebnis ist zwar nicht so, dass ich davon komfortabel leben könnte. Aber es reicht mittlerweile um mir meine recht häufigen Urlaube zu finanzieren.
Einen Teil meiner Bücher gibt es zwar mittlerweile auch in gedruckter Form, aber die Nachfrage ist minimal und eigentlich den Aufwand nicht wert.
Zum Schluss noch ein paar Tipps aus eigener Erfahrung.
Wer ein Buch schreibt, sollte schreiben können und ein handwerklich einwandfreies Ergebnis abliefern. Das klingt zwar banal, aber ein guter Schriftsteller sollte seine Sprache beherrschen und mehr können, als ein paar banale Sätze aneinander zu reihen. Ein schlecht geschriebenes Buch handelt sich bei Amazon ganz schnell eine Handvoll negativer Bewertungen ein und ist danach so gut wie unverkäuflich.
Spezialisiere dich auf ein ganz bestimmtes und klar abgegrenztes Fachgebiet. Das macht dich zum Spezialisten und erhöht deine Reputation. Wer ein Buch von dir gut gefunden hat, ist meist auch geneigt, andere Titel unter deinem Namen ebenfalls zu lesen. Schreibe also nicht den hunderttausendsten Krimi, sondern schreibe über ein Thema, zu dem du etwas zu sagen hast, das deinen Neigungen entspricht und über das du genügend weißt, um genügend lesenswerte Sätze absondern zu können.
Geb niemals auf, für dein Buch zu werben und lege ein bestimmtes Zeitfenster fest, das zu deinem Terminplan passt und in dem du nichts anderes tust, als alle Kanäle zu nutzen, um dich als Spezialisten zu präsentieren und auf dein Buch hinzuweisen. Ganz gleich was du persönlich von Facebook, Twitter & Co. hältst, du musst einfach da Präsenz zeigen, wo du auf potenzielle Leser triffst. Sorge also ständig für Links, die auf deine Autorenseite bei Amazon, deine Fanpage bei Facebook und deine Autoren-Website verweisen. Das macht dich nicht nur bekannt. Es steigert auch dein Google-Ranking.
Wer schreiben kann, wird mit E-Books zwar nicht reich werden (wobei das natürlich nicht ausgeschlossen ist). Aber er wird sich ein mehr oder weniger großes zweites Einkommen schaffen. Am Anfang wird es vielleicht gerade mal für ein Abendessen zu Zweit reichen. Wenn man am Ball bleibt, lässt sich damit aber auch der eine oder andere Urlaub finanzieren. Und wenn es richtig gut läuft, lässt sich das zusätzlich verdiente Geld auch anlegen, um später die bescheidene Rente aufzubessern oder einfach um aus Geld noch mehr Geld zu machen.