Ich benutze dich nur, denn du gehörst mir nicht

Früher war nicht alles besser, aber vieles viel einfacher. In der Zeit, als diejenigen, die heute die Seniorenheime bevölkern, ihren ersten Orgasmus hatten, herrschten noch klare Vorstellungen davon, wie das zwischen Mann und Frau abzulaufen hatte. Hatte es gefunkt, dann ging alles seinen gewohnten Gang und der hieß Verlobung, Hochzeit, Kinder. Denn ein Mann war ein Mann und eine Frau war eine Frau. Beide hatten ihren Platz im Leben und jeder wusste genau, was sich „gehört“ und was nicht.

Über Schwule redete damals niemand. Männer, die es mit Männern trieben, waren eben eine Verirrung der Natur. Eine Randerscheinung, über die man am besten hinwegsah. Lesben kamen im Denken der Menschen so gut wie gar nicht vor. Denn dass auch Frauen mit Frauen … so ganz ohne Penis … wie soll denn das gehen? Und wenn ein Mann plötzlich meinte, eine Frau sein zu wollen, war er ein Fall für die Psychiatrie. Das alles gab der Welt eine Ordnung, auch wenn die durchaus nicht immer fair war.

Sex war ein Wort, dass man bis in die 50er Jahre hinein eigentlich nicht aussprach. Dafür wusste man zum Beispiel ganz genau, was eine „anständige“ Frau tut und was nicht. Hatte sie zu häufig Herrenbesuch und blieb gar einer über Nacht, dann war sie ganz schnell „so eine“ und es wurde über sie getuschelt. Ansonsten gab es für eine Frau eigentlich nur zwei Alternativen: möglichst schnell den „Richtigen“ heiraten oder für immer als Jungfrau vertrocknen. Denn eine Frau wurde entweder Mutter und Hausfrau auf seine Kosten. Oder sie musste eben selbst arbeiten und sich als Putze, Verkäuferin oder Sekretärin verdingen.

So sah sie eben aus, die Welt bevor Emanzipation und Gleichberechtigung eine Rolle spielten, als Frauenfeindlichkeit kein Thema war und von Sexismus niemand redete. Damals trug der Mann noch Hut und wurde mit Herr angeredet. Sonntags zog er den feinen Anzug an, sie trug das elegante Kostüm und die Familie ging gemeinsam spazieren. Zu Hause herrschten Zucht und Ordnung und jedes Kind wusste, wie sich Vaters Ledergürtel anfühlt. Wobei sein Züchtigungsrecht auch seine Frau einbezog. Ein Recht, das ihm erst in den späten 50er Jahren genommen wurde.

Damals war der Mann eben noch ein Mann. Seine Natur war kämpferisch und sein Wesen von Aggression geprägt. Er besaß Achtung und Autorität, denn er war der Ernährer und von seinem Wohlstand zehrten alle, die seinen Namen trugen. Das war Tradition. Das war Religion. Das war das Recht des Stärkeren. Eine Kultur, die sich seit Jahrhunderten kaum verändert hatte – bevor sie irgendwann in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihr Ende fand.

Es war die Zeit, als die Musik lauter wurde. Als nicht mehr deutsche Schlager, sondern Rock‘n Roll aus den Musikboxen tönte. Als die Tanzlokale verschwanden und den Beatschuppen Platz machten. Als die junge Generation gegen die alten Spießer revoltierte und die Mädchen plötzlich dieselben Bluejeans trugen wie die Jungs. Als Owald Kolle das Volk aufklärte und alles unter zwanzig kreuz und quer fickte. Als die WG erfunden wurde und man einfach zusammenzog, wenn man sich mochte. Ohne Verlobung. Ohne Ringe. Ohne erst recht ohne Traualtar.

Die Alten, also die Erwachsenen, die den Krieg erlebt hatten und in einer Zeit aufgewachsen waren, in der noch klare Regeln herrschten, konnten damit natürlich nicht umgehen. Die einen resignierten und schüttelten nur den Kopf, wenn der Teenager in einem Rock das Haus verließ, der eigentlich keiner mehr war. Die anderen taten einfach das, was schon ihre Eltern getan hatten, und die Tochter bezog eine Tracht Prügel nach der anderen, um ihr die „Flausen“ auszutreiben. Doch der Freiheitsdrang war stärker und die Welt sollte nie wieder so sein, wie sie einmal war.

Es war die Woodstock-Generation. Die Generation, die alles veränderte. Die Flower Power-Jugend, die sich weigerte, eine Armee-Uniform anzuziehen und ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Die 68er, die mittlerweile im Rentenalter angekommen sind und die es geschafft haben, die Welt mehr zu verändern als jede Generation zuvor.

Denn wer fragt heute noch nach dem Trauschein, wenn zwei eine Wohnung mieten wollen? Welche Frau bekommt noch Kinder, die sie nicht will? Und welche würde sich von ihrem Mann verbieten lassen, ihr eigenes Geld zu verdienen? Klar, auch das gibt es noch. Aber es ist heute die Ausnahme und bestimmt längst nicht mehr den Alltag.

Aus den wilden Teenies der Sechziger wurden die Emanzen von heute. Sie sind die ersten Frauen, die Sex ohne Gewissensbisse hatten und merkten, dass nicht nur Männer einen Orgasmus haben können. Frauen mit Bildung und Beruf, die nicht mehr von ihm und seinem Einkommen abhängig sind. Anspruchsvolle Frauen, die ihre eigenen Vorstellungen haben. Anstrengende Frauen, die sich nichts mehr vorschreiben lassen.

Bei weitem nicht alle sind so. Aber genügend, um die Gesellschaft zu verändern.

Dennoch ist die Biologie gleich geblieben. Ein Mann ist nach wie vor ein Mann und eine Frau ist eine Frau. Beide sind bei weitem nicht gleich, sondern entgegen aller Gender“forschung“ sehr unterschiedlich. Denn was über Jahrtausende entstanden ist, ist fester Bestandteil des Erbguts geworden lässt sich nicht einfach in einer Generation verändern. Auch wenn man heute von häuslicher Gewalt redet, wenn er zuschlägt. Man nennt es Vergewaltigung in der Ehe, wenn sie nicht will. Man hält es für Gleichberechtigung, wenn der Polizist eine Polizistin, der Soldat eine Soldatin und der Busfahrer eine Busfahrerin ist. Man spricht von Sexismus, wenn der Chef ihr zu nahe kommt und hält es für frauenfeindlich, wenn wieder mal ein Mann bevorzugt wird.

Es scheint gerecht zu sein. Doch es hat auch die Atmosphäre zwischen den Geschlechtern vergiftet.

Denn, wie gesagt, der Mann ist ein Mann geblieben. Er nimmt sie und sie wird genommen. Er dringt in sie ein und sie öffnet sich für ihn. Schon immer und immer noch. Sein eigentliches Verlangen heißt Weib und sein wahres Interesse gilt nicht einer ebenbürtigen Partnerin. Gleichwertig ja, gleich nein. Denn sein Wesen ist Dominanz und sein Sex ist von Aggression geprägt. Er schätzt sie durchaus für ihre Fähigkeiten, ihr Wissen, ihre Klugheit. Doch sein Blick gilt ihrer Schönheit, ihrem Po, ihren Brüsten und allem, was ihre Weiblichkeit ausmacht.

Er weiß, dass der Sex mit ihr nur Momente bedeutet, während das Leben vor allem darin besteht, miteinander zu reden, sich zu verstehen und sich zu vertrauen. Doch ihre Verbindung wird nur von Dauer sein, wenn sie sich fallen lässt und sich voll in seine Hände begibt. Sie kann alles von ihm haben, wenn er alles für sie ist und er alle ihre Gedanken beherrscht. Denn er ist ein Mann und will haben, was er begehrt. Und er will es voll und ganz haben. Er wird lieben, was er schätzt. Er wird beschützen, was er besitzt.

Das ist keine Gleichheit, aber es ist von der Natur so gewollt. Und es ist auch gut so, denn Männer und Frauen sind alles andere als gleich. Sie sind grundverschieden, haben andere Stärken und andere Schwächen. Wenn sie das wissen, können sie sich ideal ergänzen. Wenn sie es ignorieren, handeln sie eben wider die Natur.

Denn wenn der Mann merkt, dass sie sich nicht wirklich auf ihn einlässt, wird er sie auch nicht wirklich lieben. Er wird sie begehren, denn das will die Natur so. Aber er wird sie nicht beschützen, denn sie ist kein Teil von ihm geworden. Sie braucht seinen Schutz nicht, denn sie steht auf eigenen Beinen. Sie ist lediglich ein Weib, das man benutzt solange es nützlich ist und loslässt, sobald es zur Last wird. Ihre Tränen werden ihn dann nicht rühren, denn er weiß, dass sie nicht ihn betrauert, sondern die Vorteile, die sie durch ihn hatte. Das Ansehen vielleicht, den Status, den Luxus, den sie sich allein hätte nie leisten können.

Deshalb investiert er lieber in eine Wohnung für sich, anstatt in ein Haus für eine Familie mit ihr. Seine Nähe ist dosiert und sein Abstand stets präsent. Denn beide führen lediglich eine Freizeitbeziehung, während ansonsten jeder seine eigenen Wege geht.

Natürlich ist er nach wie vor ein Mann. Mit männlichem Verhalten, männlichen Bedürfnissen, männlichen Träumen. Doch die behält er für sich. Sie sind sein Kopfkino, wenn er sich selbst befriedigt. Sie sind sein kleines Geheimnis, das er niemand preisgeben wird. Denn was früher ganz alltäglich war, gilt heute als Perversion. Und was einst zum Recht jedes Mannes zählte, kann er heute nur noch in einem Milieu ausleben, das von der Ausbeutung der Ärmsten und Wehrlosen lebt.

Mann und Frau sind eben nicht gleich. Sie waren es nie und werden es nie sein.