Als Autosex noch die einzige Lösung war

Irgendwann in den Sechzigern fing es an. Die Mädchen lernten immer früher, was es mit Sex auf sich hat und wollten es natürlich auch möglichst schnell ausprobieren. Doch zu Hause war das zu gefährlich, denn Eltern verstanden keinen Spaß, wenn sie ihre Tochter dabei erwischten. Also hielt man sich an die älteren Jungs. Die hatten nämlich schon ein Auto und das hatte natürlich Liegesitze.   Ideal, um sie heiß und willig zu machen und durchaus brauchbar für den ersten heimlichen Fick.

Von Sex hatten junge Mädchen früher bestenfalls romantische Vorstellungen und das Wissen aus Liebesromanen. Das heißt, sie hatten nicht die geringste Ahnung, wie das eigentlich funktioniert und wie sie sich dabei anstellen sollten. Und sie hatten auch kaum Gelegenheit, es praktisch auszuprobieren. Bis 1969 galt nämlich in Deutschland noch der sogenannte Kuppelei-Paragraph. Danach machte sich jeder Vermieter der „Vermittlung von Gelegenheiten zur Unzucht“ schuldig, wenn er es zuließ, dass ein Mann Damenbesuch hatte und die Betreffende über Nacht blieb. Bei allein lebenden Damen gab es einen extra Passus im Mietvertrag, nach dem Herrenbesuch nach 22 Uhr verboten war. Auch Hotelzimmer waren bis Ende der sechziger Jahre ausschließlich Paaren vorbehalten, die denselben Namen im Pass stehen hatten.

Natürlich trafen auch damals schon junge Mädchen auf junge Männer. Sie verliebten sich. Sie küssten sich. Sie befummelten sich. Alle weiteren Begierden blieben jedoch unerfüllt, denn es gab schlicht und einfach keinen geeigneten Ort dafür. Nirgends war man unbeobachtet und nirgends konnte man allein, um sich ungestört miteinander zu beschäftigen. Bei ihr zu Hause war das so gut wie unmöglich, denn eine brave Tochter hatte panische Angst, dass ihre Eltern dahinter kommen würden. Eine Siebzehnjährige allein im Zimmer mit einem Jungen Mann, das war die Sünde schlechthin und hätte weitreichende Konsequenzen gehabt. Die Betreffende hätte nicht nur auf der Stelle Hausarrest bekommen und das auf unbestimmte Zeit. Sie hätte auch die Tracht Prügel ihres Lebens bezogen.

Wie gesagt, das alles änderte sich in den Sechzigern. Da konnte sich nämlich so mancher junge Mann erstmals ein Auto leisten und genoss damit sofort hohes Ansehen unter den Teenies der Gegend. Die Umstände brachten es dabei mit sich, dass er meist ein paar Jahre älter war als sie, aber damit hatten Männer ja noch nie Probleme und Frauen offensichtlich auch nicht. Dazu muss man wissen, dass Mann damals noch nicht mit 18 als volljährig galt und auch der lang ersehnte Führerschein erst nach dem 21. Geburtstag zu haben war.

Mangels besserer Möglichkeiten war so ein Auto natürlich ein idealer Ort, um sich ungestört näherzukommen. Einmal konnte er sie damit direkt zu Hause abholen und sich bei der Gelegenheit gleich bei ihren Eltern vorstellen. Die wollten nämlich in den Sechzigern noch wissen, mit wem sich ihre Tochter so herumtrieb. Und sie ließen sich von dem jungen Mann hoch und heilig versprechen, das läufige junge Ding spätestens um zehn Uhr wieder zu Hause abzuliefern. Wobei sie das mit der Läufigkeit nicht so genau wussten und eigentlich auch nicht wahrhaben wollten. Genauso, wie sie keine Ahnung davon hatten, was für ein gefährlicher Ort so ein Auto für ein unbescholtenes Mädchen ist.

Damals kannte nämlich jeder junge Mann einen Ort, an dem man garantiert ungestört war. Dorthin entführte er dann umgehend das junge Weib seiner Begierde, das schon ganz erwartungsvoll auf dem Beifahrersitz hin und her rutschte. Seine Hand griff natürlich beim Schalten immer mal wieder daneben und landete auf ihrem Knie. Und sein Blick schielte des Öfteren nach rechts unten und nahm wohlwollend zur Kenntnis, dass ihr Rock – rein zufällig natürlich – von Minute zu Minute weiter nach oben rutschte.

Dabei war es durchaus ein Vorteil, dass Mädchen seinerzeit fast ausschließlich Röcke trugen. Und dass sich in den Sechzigern diese grässlichen Strumpfhosen noch nicht durchgesetzt hatten, die jeder Berührung den Reiz nehmen ein ergiebiges Liebesspiel so gut wie unmöglich machen. Ein Rock musste in den 60er entweder schön weit sein, damit alles darunter bequem zugänglich war. Oder er musste so kurz sein, dass bis zur entscheidenden Stelle nur noch wenige Zentimeter zu überbrücken waren.

An dieser Stelle ist ein Zitat zum Minirock angebracht. Der kam nämlich ebenfalls in den 60er Jahren in Mode und bot für die ersten erregenden Momente junger Leute im Auto bestmögliche Voraussetzungen:

Erstmals wurde der aus Deutschland der frühen 1930er-Jahre stammende und durch Mary Quant wiederentdeckte Minirock 1962 in der britischen Vogue abgebildet. Schon drei Jahre später war das zunächst als skandalös empfundene Kleidungsstück zum weltweiten Verkaufsschlager avanciert. Mary Quant wurde für ihren Mut und ihre sinnlichen, jungen Kreationen 1966 mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet. Zur Verleihung im Buckingham Palace erschien sie im Minirock. Etwa im Sommer 1968 erreichte der Minirock seine maximale Popularität und 1969 die höchstmögliche Saumhöhe, wobei das Höschen zum öffentlich sichtbaren Bestandteil der Mode avancierte. (Wikipedia)

So ein Auto ist natürlich ein äußerst beengtes Liebesnest. Aber es hat doch einige unbestreitbare Vorteile. Zunächst gibt es natürlich dem weiblichen Wesen auf dem Beifahrersitz ein gewisses Gefühl der Sicherheit, dass sich zwischen seiner und ihrer Geilheit noch eine recht massive Mittelkonsole mit Handbremse und Schalthebel befindet. Das Vorspiel begann daher meist mit einer ausgiebigen Knutscherei, die schon mal dafür sorgte, dass er eine gewisse Grundhärte und sie die unvermeidliche Feuchte entwickelte.

So manche aufmerksame Mutter hat seinerzeit heimlich das Höschen ihrer Tochter überprüft, nachdem der junge Mann sie wieder wohlbehalten zu Hause abgeliefert hatte. Mama wusste daher stets genau darüber Bescheid, wie es um das Verhältnis ihrer Tochter zu ihrem ersten Freund bestellt war und wie weit die beiden sich schon angenähert hatten. Besonders in religiös geprägten Familien soll es auch zu kräftigen Ohrfeigen oder gar noch schlimmeren Reaktionen gekommen sein. Ein feuchtes Höschen ist schließlich der eindeutige Beweis für unzüchtige Handlungen, wie sie sich für eine anständige Tochter nicht geziemten. In katholischen Kreisen wurde sie daher auch umgehend in die Kirche geschickt, um ihre Sünden zu beichten.

Aber zurück zum Auto: Ob Rock oder Minirock, irgendwann hatten es seine Hände geschafft, sich i ihr Höschen zu schieben und seine Finger waren bis dahin vorgedrungen, wo bisher ausschließlich ihre eigenen Finger für gute Gefühle gesorgt hatten. Damit war es natürlich um sie geschehen – und es war höchste Zeit, um in die zweite Phase der Begegnung überzugehen.

Die ersten Autos nach dem Krieg hatten ja ziemlich starre Sitze, deren Rückenlehne sich nur in einem engen Bereich verstellen ließen. Vor allem der Käfer ist dafür ein unrühmliches Beispiel. Dafür gab es damals auch Autos mit Lenkradschaltung durchgängiger Sitzbank. Diese für Liebespaare äußerst praktische Ausstattung ging auf einen Trend in den USA zurück und wurden in Europa vor allem von Ford oder Opel angeboten. Die heute selbstverständlichen Liegesitze kosteten lange Zeit Aufpreis und galten als Luxusausstattung. Aber mir ist keiner meiner damaligen Freunde bekannt, der sich diesen Luxus nicht geleistet hätte.

Liegesitze waren nämlich die absolute Voraussetzung, um das Liebesspiel im Auto überhaupt möglich zu machen. Meist klappte ihre Rückenlehne irgendwann beim Küssen rein zufällig nach hinten und brachten sie dabei in eine eindeutig passendere Position für das geplante Vorgehen. Anfangs musste meist er sich noch selbst darum bemühen, aber spätestens beim dritten Mal wusste sie, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, um das Höschen abzustreifen. Damals hießen Höschen noch Unterhosen oder Schlüpfer und zeichneten sich durch eine Materialfülle aus, die sich nicht einfach zur Seite schieben ließ. Erst Jahrzehnte später ist die Modewelt dem heimlichen Wunsch der Damen entgegengekommen und hat den String erfunden.

Zugegeben, so richtig befriedigend war Sex im Auto nie. Ein Automobil ist eigentlich nicht dafür geschaffen und das bekommen zwei ineinander verknotete Menschen auch ständig zu spüren. Vermutlich hat so mancher Liebeskampf deutlich sichtbare Spuren in Form von blauen Flecken hinterlassen. Aber immerhin bot so eine fahrbare Blechhülle eine brauchbare Gelegenheit zur Triebbefriedigung. Die Scheiben waren bis zum entscheidenden Akt meist vollständig beschlagen, was durchaus ein Vorteil war. Dadurch war zumindest eine gewisse Privatsphäre gewährleistet, denn unerwünschte Einblicke von außen waren nur noch eingeschränkt möglich.

Leider hat das ansonsten allwissende Statistische Bundesamt nie erfasst, wie viele junge Mädchen in einem Auto ihre Jungfräulichkeit verloren haben. Auch die Zahl der an einem solchen unbequemen Ort gezeugten Nachkommen ist nicht bekannt. Eigentlich erstaunlich in einer Welt, in der so ziemlich alles erforscht wird, was die Welt nicht wirklich interessiert.

Mittlerweile hat allerdings das Auto als Notlösung aus Mangel an geeigneteren Handlungsorten ausgedient. In einer Zeit, in der die Teenies schon die Pille schlucken, wenn sie sich nachweislich vom Mädchen zur Frau gewandelt haben, finden meist schon die ersten stümperhaften Annäherungsversuche in einem richtigen Bett statt. Außerdem gab es in den 60er Jahren noch richtige Autos, in denen man sich zumindest einigermaßen ausstrecken konnte. Sex in einem Golf grenzt jedoch schon fast an Masochismus. Daher kommt es im Auto heute bestenfalls noch zu einem schnellen Blowjob und selbst der ist bei näherer Betrachtung doch recht umständlich.

Aber es soll langjährige Paare geben, die sich zum silbernen Hochzeitstag einen Oldtimer mieten, um den Anfang ihrer Beziehung auf besonders authentische Weise zu zelebrieren.