Am Strand der indiskreten Blicke
Es gibt ja Männer, die schielen neugierig rüber zum FKK-Strand, würden sich aber nie dorthin getrauen, weil sie sich ja dann selbst auch ausziehen müssten. Ich meine, ganz ausziehen, mit frei hängendem Pimmel und so. Dabei haftet einem Strandabschnitt, in dem alle nackt herumliegen, irgendwie so gar nichts Erotisches an. Klar kann man da die Frauen so sehen, wie sie eben sind. Aber eine makellose Figur ist ganz selten darunter. Schon deshalb, weil so etwas die ganz große Ausnahme ist und jede Frau ihre Schwächen offenbart, wenn sie so ganz ohne stützende BH und ohne Badeanzug daher kommt, der die nun mal vorhandenen unperfekten Hautfalten gnädig kaschiert.
Unter Nudisten ist nämlich Natur pur angesagt und spätestens, wenn man selbst alles abgelegt hat, stellt sich ein Gefühl der absoluten Natürlichkeit ein. So geht es zumindest mir, wenn ich meinen Lieblingsstrand aufsuche und mich unter die Nackten begebe. Denn irgendwie halte ich es für ziemlich bescheuert, zum Baden eine Badehose anzuziehen, die danach feucht am Körper klebt oder jedes Mal umständlich ausgezogen werden muss.
Klar bekomme ich im Laufe eines Nachmittags am Strand so einiges zu sehen, was eine Frau sonst sorgfältig verborgen hält. Doch einen Steifen habe ich dabei noch nie gekriegt. Auch bei der sonnenhungrigen Blondine nicht, von der ich jetzt weiß, dass sie da unten nicht ein einziges schamhaftes Härchen hat. Würde sie mir später auf der Promenade begegnen, wäre dieses Wissen vielleicht eine erotisierende Erinnerung. Aber hier ist es einfach nur Anatomie.
Denn ein nackter Mensch in der Natur ist irgendwie recht wenig aufreizend. Nicht nur, weil er selten so perfekt ist, wie die Models in der Modewerbung oder die Akteure im Porno. Sondern vor allem, weil er (und natürlich vor allem sie) alles zeigt, was es zu sehen gibt. Einfach so. Ohne Blendwerk. Für jeden, der hingucken will.
Auf mich wirkt das Ganze wie ein Anschauungsunterricht zum Thema menschliche Vielfalt. Am Ende des Tages habe ich viele schöne Frauen in Erinnerung. Die weniger schönen habe ich gedanklich bereits ausgeblendet. Und die übrigen habe ich vergessen. Ich weiß, dass winzige Titten durchaus ihren Reiz haben können und die ganz prallen Möpse alles andere als anziehend sind, wenn es nichts gibt, was ihrer Schwerkraft entgegenwirkt. Ich weiß auch, dass so manche schlanke Frau, die in engen Jeans und T-Shirt durchaus etwas hermacht, in Wirklichkeit einen ganz schlaffen Po hat, der sich bei jedem Schritt wie ein Wackelpudding verhält.
Bei so mancher jungen Frau habe ich mir gedacht, dein Körper hat durchaus Potenzial, Mädchen, aber du solltest ihn besser in Schuss halten. Schönheit verlangt nämlich auch eine ausgeprägte Muskulatur, die alles in Form hält und jede Bewegung zu einem Genuss für die Augen macht.
Vor allem habe ich festgestellt, dass man vom Aussehen nie auf das Alter einer Frau schließen soll. So manche Frau in ihren Fünfzigern übt nämlich wesentlich mehr Anziehungskraft aus, als andere, die gerade mal dreißig sind. Das liegt vielleicht an der genetischen Veranlagung. Das liegt aber vor allem an der Lebensweise und den kleinen Nachlässigkeiten des Alltags, die jenseits der Dreißig schonungslos zutage treten.