Landjugend: Saufen bis zum Koma
Was kann man am Wochenende anstellen, wenn weit und breit nichts los ist? Wo kann man hingehen, wenn die nächste Disko in der nächsten Stadt ist und nach zehn kein Bus mehr nach Hause fährt? Was machen Teenies auf dem Lande, die unter sich bleiben und mal ordentlich einen drauf machen wollen? Antwort: Ficken und saufen oder einfach nur Letzteres.
Natürlich ist Teenie nicht gleich Teenie. Aber alle Teenies haben meist eines gemein: Sie stecken voller Ideen und haben noch ein ganzes Leben vor sich, um sie zu verwirklichen. Sie wollen raus aus der Enge des eigenen Elternhauses und die große weite Welt entdecken. Doch zunächst wollen einmal sich selbst entdecken. Mädchen tun daher alles, um für die Jungs auf ihre neu entdeckten Reize aufmerksam zu machen. Und die wiederum sind eigentlich ständig scharf und wollen eigentlich nur so viele Hennen wie möglich flachlegen und endlich das tun, was sie aus tausend Pornos kennen.
In der Stadt ist das kein Problem und die Frage ist höchstens, was ist angesagt und wo treffen wir uns. Dass die Mädchen dabei nicht selten in einem Outfit auftauchen, das am Straßenrand zahlende Freier angelockt hätte, steht auf einem anderen Blatt. Genauso wie die Tatsache, dass sich der Eine oder die Andere bei dröhnender Technomusik irgendwelche Pillen reinzieht und irgendwann sowieso jeder den ersten Joint geraucht hat.
Doch sowohl Extasy als auch Gras sind nicht gerade billig und das meist nicht gerade üppige Taschengeld erlaubt solche Eskapaden nicht allzu oft. Erschwinglicher ist da schon Alkohol. Den gibt es nicht nur in rauen Mengen an jeder Tanke. Er lässt sich auch problemlos zu Hause abstauben und in die Tasche stecken, bevor es ins Wochenende geht. Wenn es nur um Bier geht, fällt das auch nicht weiter auf. Aber auch die klaren Sachen sind nicht wirklich ein Problem.
Auf dem flachen Land sieht die Sache jedoch völlig anders aus. Natürlich gibt es auch dort Teenies und natürlich wollen auch die am Wochenende irgend etwas anstellen. Besonders der Samstagabend ist da im Visier, denn am Sonntag kann man den Rausch ausschlafen, um am Montag wieder ganz lerneifrig auf der Schulbank zu sitzen oder den Job anzutreten. Die Frage ist nur, was kann man machen, wenn die nächste Disko praktisch unerreichbar ist und die einzige Kneipe am Ort eigentlich nur dafür da ist, damit sich die Alten mit Bier abfüllen können?
Meist bleibt daher nur eine einzige Option übrig: Irgenwo rumhängen und saufen. Statt Disko gibt es dann eben irgendeine entlegene Ecke, wo man unter sich ist und die Dröhnung kommt aus dem Ghettoblaster. Jeder, der am Samstagabend durch die Landschaft fährt, kann sie sehen: Kleine Grüppchen junger Leute, die eigentlich nichts machen. Nichts außer anmachen und anbandeln, saufen und herumalbern. Denn wo sonst nichts los ist, kann man immer noch hemmungslos ficken. Entweder bei ihr, weil die Eltern eh nicht zu Hause sind oder bei ihm, weil sich dort niemand darum kümmert, wer in seiner Bude ein und ausgeht.
Die Teenies auf dem Land mögen zwar nicht so schick angezogen sein wie die Gleichaltrigen in der Großstadt. Aber dafür sind sie einfacher zu haben. Wenn überall tote Hose ist und die große Langeweile den Abend bestimmt, ist Sex zumindest eine spannende Alternative. Außerdem ist auf dem Land die Konkurrenz längst nicht so groß wie in der Stadt und keine kommt auf die Idee, sich nuttig in Szene zu setzen, um ja nicht übersehen zu werden. Die Frage ist hier nämlich nicht, wie komme ich an, sondern mit wem gehe ich ins Bett. Wobei man als Weibchen nicht allzu häufig wechselnden Verkehr haben sollte, um nicht Gefahr zu laufen, irgendwann als die Schlampe dazustehen, in der jeder schon einmal gesteckt hat.
Aber natürlich wird nicht jeder Samstag zu einem wilden Fickfest und die meisten Mädchen werden im Laufe der langen Nacht bestenfalls mit Alkohol abgefüllt. Wenn sie sich im Griff haben, schaffen sie es anschließend noch unbeschädigt nach Hause. Wenn nicht, kann es heikel werden. Denn eine besoffene Siebzehnjährige ist eigentlich Freiwild. Sie wird zwar irgendwann aufwachen und wissen, dass irgend etwas passiert ist. Aber sie wird sich nicht mehr an die Details erinnern können und nur an den Blicken der anderen merken, dass die wohl mehr wissen als sie selbst.
Wir leben eben in einer Zeit, in der man schon Kindern im Kindergarten beibringt, was ein Penis so alles kann und welche Rolle das Gegenstück dazu spielt. Eine Zeit, in der besorgte Mütter ihrer 12jährigen Tochter die Pille geben, bevor diese eine Dummheit macht. Und in der es kaum noch Eltern gibt, die ihren Töchtern am berüchtigten Samstag genau vorschreiben, wann wie wieder zu Hause zu sein hat. Das Ergebnis sind Teenies, die noch zur Schule gehen und mit Sex weit besser Bescheid wissen als ihre Eltern seinerzeit wussten.
Vor allem aber leben wir im Zeitalter der Digitalisierung. Alles, was früher kaum zu kriegen war, kann sich heute jeder „herunterladen“. Was sich in Pixel auflösen lässt, findet man auch im Web. Was früher bestenfalls in irgendwelche Nacktfotos waren, nennt sich heute Porno und liefert den detaillierten Anschauungsunterricht für alle, die einen Webbrowser bedienen können. Man fragt sich schon fast, wie das eigentlich die Alten gemacht haben, die bestenfalls in dürren Worten „aufgeklärt“ wurden, bis zur Hochzeit warten mussten und dann völlig ahnungslos aufeinander losgelassen wurden.
Der männliche Teenie von heute weiß nämlich schon im voraus ganz genau, was er zu tun hat. Die Anleitungen dazu hat er auf seinem Handy. Und da auch sie ein Handy hat, hat auch sie natürlich ganz konkrete Vorstellungen davon, was er von ihr will und wie das Ganze ablaufen wird: Erst einen blasen, dann Missionarsstellung, dann von hinten und vielleicht sogar anal. Irgendwann wird er auch wollen, dass sie sich für ihn rasiert, damit er ganz genau hinsehen kann. Und wenn alle Stellungen ausprobiert sind, wird die Sache langweilig. Dann wird sie sich heulend in ihr Zimmer einschließen und er wird seinen Blick schärfen und sich ein neues Ziel aussuchen.
Irgendwie ist unsere freizügige, zwanglose und tabufreie Zeit eben auch ein wenig reizlos und man hat das Gefühl, dass Sex konsumiert wird wie Schokolade und eine Jugend heranwächst, die sich spätestens mit achtzehn schon sattgelebt, sattgesehen und sattgefühlt hat. Was dann übrig bleibt, ist eigentlich nur noch Materialismus: Sie guckt kritisch in den Spiegel, taxiert ihren Marktwert und lässt sich nur mit dem ein, der ihr am meisten zu bieten hat. Wenn der Glanz dann verblüht ist, landet sie auf dem Abstellgleis, frustet vor sich hin oder wird zur Emanze.