Sex zwischen Macht und Ohnmacht

Über Vanilla lächeln sie nur. Wenn sie an Sex denken, dann geht es ruppig zu und es wird erst einmal klargestellt, wer top und bottom ist, wer den Dom spielt und wer die Rolle des Sub wahrnimmt, wer die Peitsche in der Hand hält und wer das andere Ende zu spüren bekommt. Sie reden von Spanking und kennen eigentlich keinen deutschen Begriff für ihre Art, Sexualität auszuleben. Oder sie werden kryptisch und beschreiben mit Buchstabenkürzeln, welche Spielart der rauen Liebe sie bevorzugen.

Ich traf mich mit einem, der sich als Klaus-Peter vorstellte und sich als Dom beschrieb. Er klärte mich auch auf, was unter BDSM zu verstehen ist. Die vier Buchstaben stehen für Bondage, Discipline, Sadism und Masochism, also für Fesselungsspiele, Bestrafungsrituale, Sadismus und Masochismus, erfuhr ich. Und sie beschreiben eine Szene, die in zahlreiche unterschiedliche Facetten zerfasert ist. Paare, die auf Bondage stehen, führen eigentlich ein ganz normales Leben. Aber im Bett (oder wo auch immer) nehmen sie sich richtig viel Zeit für das Vorspiel. Bevor er sich ihrer bemächtigt, muss sie nämlich erst einmal fachgerecht gefesselt werden, um ihrem Herrn ohne Wenn und Aber ausgeliefert zu sein. Vor allem Japaner haben das zu einer wahren Kunst erhoben und präsentieren ihre Partnerin gerne auf eine Art und Weise, die äußerst ästhetisch wirkt und dabei hocheffizient jede Bewegungsfreiheit unterbindet.

Klaus-Peter war eher der Discipline-Typ. Und er war ein Dom, also der dominante Part in der Beziehung. Er zeigte mir seine eindrucksvolle Sammlung an Peitschen, Lederklatschen, Paddels, Rohrstöcken und diverses Lederzeug, das für ihn Teil des Rituals war. Letzteres diene dazu, seine Gespielin in der gewünschten Position zu halten und daran zu hindern, einfach davon zu laufen, war seine Erklärung. Eine Frau, die ihm in die Hände fiel, musste nämlich hart im Nehmen sein und nicht jede schaffte das, wenn sie nicht mithilfe von Stricken, Handschellen und Lederriemen dazu gezwungen wurde, ihre Strafe bis zum bitteren Ende auszuleben.

Er bemerkte natürlich meinen kritischen Gesichtsausdruck und ergänzte beruhigend: „Keine Sorge, das Ganze geschieht natürlich mit ihrer Zustimmung. Es gibt nämlich viele Frauen, für die es ein regelrechter Kick ist, mir hilflos ausgeliefert zu sein und die erst zum Orgasmus kommen, nachdem sie Striemen am Körper tragen. Außerdem gibt es ja noch das Safeword.“

Safeword?

„Ja, das ist ein Wort, das wir vorher vereinbaren. Wenn sie das ausspricht, dann habe ich ihre Schmerzgrenze überschritten und sie muss sich darauf verlassen können, dass ich aufhöre. Das gehört zu den ganz entscheidenden Regeln des Spiels.“

Ich dachte dabei an meine Schulzeit. Damals gab es noch die körperliche Züchtigung und in jedem Klassenzimmer hing ein Rohrstock, von dem auch reichlich Gebrauch gemacht wurde. Ein Safeword gab es jedoch nicht und es lag ganz an der augenblicklichen Laune des Lehrers, wie viele Hiebe er einem Schüler aufzählte. Oder einer Schülerin. Aber die kamen meist glimpflich davon und mussten sich nur äußerst selten über die Bank in der ersten Reihe beugen, die extra für diesen Zweck freigehalten wurde. Aber natürlich waren auch die Mädchen nicht immer so brav, wie es von ihnen erwartet wurde. Nur wurde ihre Bestrafung diskreter gehandhabt. Zumindest in meiner Schule wurden sie ins Büro des Direktors zitiert, um sich ihre Tracht Prügel abzuholen. Das konnten wir Jungs dann zwar nicht mit heimlicher Schadenfreude beobachten. Aber man konnte durchaus hören, wenn der Rohrstock seine Wirkung entfaltete.

Im Vokabular von Klaus-Peter läuft das unter Total Power Exchange und er beschrieb mir Beziehungen, in denen der Herr des Hauses noch wirklich den strengen Herrn spielte und seine Neigung auslebte, ohne sich von einer Frau vorschreiben zu lassen, wie weit er gehen durfte.

„Vor ein paar Generationen lief das doch in jeder Familie so,“ meine er. „Der Vater war der Herr im Haus, Frau und Kinder hatten zu parieren und wenn sie sich auflehnten, gab es Prügel und das nicht zu knapp. Da wurde nicht gefragt. Da wurde einfach zugeschlagen und das Thema war gegessen. Erziehung, das war doch über viele Jahrhunderte hinweg gleichbedeutend mit Schlägen und kindliche Schreie aus dem Nachbarhaus waren etwas alltägliches.“

Ob er sich als Sadist bezeichnen würde, fragte ich Klaus-Peter. Die Antwort war ein klares Nein. „Sadisten ist es so ziemlich egal, was sie tun. Hauptsache es tut weh,“ meinte er. „Das sind die Leute, die sich einen Folterkeller einrichten, in dem es dann zugeht wie im Mittelalter. Klammern werden an der Brust oder den Labien befestigt, es wird mit heißem Kerzenwachs gearbeitet und auch Elektroschocks gehören zum Arsenal. Das ist eine ziemlich dunkle Welt, die für mich eigentlich schon krankhaft ist.“

Er selbst bewege sich zwischen Discipline und Spanking, erzählte mir Klaus-Peter. „In meiner Fantasie dreht es sich um Schuld und Sühne, um Vergehen und Bestrafung, um die widerspenstige Frau und die verdiente Tracht Prügel. Für mich ist ungezügelter Brutalität ein absolutes no-go. Ich hasse Typen, die eine Frau krankenhausreif schlagen, indem sie sie mit Fäusten und Fußtritten traktieren. Meine erotische Stimulation sind Schläge, die sie sich verdient hat. Als dominanter Mann empfinde ich Lust dabei, eine devote Frau auf die ganz klassische Art zu bestrafen. Aber ich verletze sie nicht, niemals. Wenn ich mit ihr fertig bin, hat sie keine blauen Augen und Prellungen am ganzen Körper. Sie hat einen glühenden Po und trägt bestenfalls Striemen auf dem Körperteil, den die Natur ganz offensichtlich zur Bestrafung vorgesehen hat. Außerdem folgt die Versöhnung meist unmittelbar auf die Bestrafung und die Beziehungswelt ist wieder in Ordnung.“

Ich fragte ihn, wie er zu einer alles andere als alltäglichen sexuellen Neigung gekommen sei. Doch er konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen. „Ich kann mich nur erinnern, dass ich irgendwann einen alten Schwarzweiß-Film sah, in dem eine Tochter eine ordentliche Tracht Prügel mit dem Stock bezog und ich dabei erregt war wie noch nie zuvor. Da wusste ich, dass das wohl meine ganz besondere Neigung war. Aber ich habe mich wohl irgendwie für pervers gehalten und zu niemand darüber geredet.“

Vor zwei, drei Generationen wäre er ein Ehemann unter vielen gewesen, dachte ich mir dabei. Im deutschen Kaiserreich gab es noch das Züchtigungsrecht des Hausherrn, das dieser bei seiner Frau genauso ausüben konnte, wie bei seinen Kindern. Selbst Hausangestellte waren davon nicht ausgenommen und so manche Magd auf dem Lande wusste genau, wie sich der Stock des Bauern anfühlt. Was heute strafbar ist, war also im 19. Jahrhundert noch ganz normal. Die entsprechenden Gesetze wurden erst Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem Gesetz gestrichen.

Wobei Deutschland nicht das Maß der Dinge ist und in anderen Ländern ganz andere Regeln gelten. Man muss nur ein paar Kilometer Richtung Osten fahren. In Tschechien gehört der Rohrstock noch heute zur Standardausstattung in jedem Klassenzimmer und für Eltern ist es nach wie vor ganz selbstverständlich, dass ungehorsame Kinder mit dem Stock oder dem Lederriemen bestraft werden. Eine Praxis, die im gesamten asiatischen Raum genauso selbstverständlich ist, wie in Afrika und Südamerika. Selbst in den USA gibt es Bundesländer, in denen eine Bestrafung mit dem Paddel noch heute erlaubt ist und an jeder Schule praktiziert wird.

Vor kurzem brachte die ARD einen Bericht über chinesische Balletttänzerinnen, die von ihren Eltern schon in jungen Jahren in die Hand eines Ballettlehrers gegeben werden. Die Eltern erhofften sich davon, dass ihre Tochter eines Tages richtig berühmt wird und die Lehrer taten alles, um diesen Wunsch zu erfüllen. Eine Szene zeigte, mit welchen Methoden man dabei vorging. Zu sehen war ein Lehrer, der ein noch sehr kleines Mädchen dabei überwachte, wie sie ihre Übungen absolvierte. In der Hand hielt er ein hölzernes Paddel und hatte offenbar kein Problem damit, es bei laufender Kamera auf Po und Oberschenkel des Mädchens anzuwenden.

Chinesen gelten allgemein als sehr diszipliniert und diese Szene macht mehr als deutlich, was vermutlich der Grund dafür ist.

Wer sich in den Schmuddelecken des Internet umsieht, der merkt schnell, dass Websites mit BDSM-Inhalten fast ausschließlich aus drei Regionen kommen: aus dem angelsächsischen Raum, aus Russland und aus Japan.

Bondage aus Japan besitzt mittlerweile geradezu Kultstatus. Außerdem scheinen die Japaner ein besonderes Faible für Schulmädchen zu haben, denen das kurze Röckchen hochgeschlagen wird, damit der Rohrstock des Lehrers oder das Paddel der Mutter seine volle Wirkung entfalten kann. Auch sonst wird die zarte Japanerin im Porno gerne einer betont groben Behandlung unterzogen, was wohl genau den Vorlieben der männlichen Zuschauer entspricht.

Russland und Amerika sind die Länder, in denen so ziemlich alles kommerzialisiert wird, mit dem man Geld machen kann. Die klassische Penetration aller vorhandenen weiblichen Körperöffnungen scheint dabei allerdings kaum noch jemand sehen zu wollen. Gefragt ist harter Sex und die ganze Bandbreite vom guten alten Spanking über die Vergewaltigung bis zur Folter. Was den Wandel vom klassischen Sex hin zu bizarren und brutalen Praktiken ausgelöst hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Es fällt allerdings auf, dass die Brutalisierung des Sex vor allem von den Regionen der Welt ausgeht, in denen man sich eher religiös und prüde gibt und Sex an sich als etwas gilt, was man im Verborgenen tut und worüber man nicht spricht.

Dass es durchaus einen Bezug zwischen Prüderie und Gewalt gibt, kann man unter anderem in dem Bericht Körperliche Lust und die Ursprünge von Gewalttätigkeit nachlesen. Ich hege darüber hinaus den Verdacht, dass auch die besonders in neuerer Zeit zu immer bizarreren Formen mutierende Emanzipationsbewegung einen ganz erheblichen Anteil an der zunehmenden Aggression zwischen den Geschlechtern hat. Männer gelten ja mittlerweile pauschal als toxische Wesen, die nichts anderes im Sinn haben, als Frauen zu unterdrücken und sich zu unterwerfen. Das ist zwar Blödsinn, aber für die schlecht bezahlten Medienjobs interessieren sich mittlerweile fast nur noch Frauen. Und die halten sich natürlich für emanzipiert und meinen, in den allgemeinen Tenor einstimmen zu müssen.

Das Ergebnis ist allerdings ein Zerrbild, das mit der erlebten Wirklichkeit nur bedingt zu tun hat. Trotz der angeblichen Erkenntnisse einer Pseudowissenschaft, genannt Gender Studies, ist nämlich die viel beschriebene Gleichheit der Geschlechter nichts als ein Mythos. In Wirklichkeit unterscheiden sich nämlich Männer und Frauen nicht nur rein äußerlich. Sie sind auch bis in die tiefen der Psyche hinein unterschiedlich strukturiert. Das weiß jeder, der nicht mit einer ideologisch gefärbten Brille durchs Leben geht und noch so etwas wie ein eigenes Urteilsvermögen besitzt.

Das deckt sich auch mit meiner eigenen Erfahrung. Nach einer klassischen Ehe, die einen beträchtlichen Teil meines Lebens bestimmt hat, war ich nämlich vor ein paar Jahren in der Dating-Welt unterwegs und hatte dabei eine ganze Reihe von Aha-Effekten. Die Details dazu kann man in meinem Buch Online Dating nachlesen. Zusammengefasst bin ich zu der Schlussfolgerung gekommen, dass sich Frauen auch im 21. Jahrhundert nicht wesentlich anders verhalten, wie schon seit Tausenden von Jahren. Sie geben sich emanzipiert, weil das ja heute irgendwie erwartet wird. Sie reden auch gerne von einer gleichberechtigten Beziehung auf Augenhöhe. Aber in Wirklichkeit suchen Sie nach wie vor den starken Mann, den sie respektieren und zu dem sie aufsehen können.

Nach Emanzenmeinung sollte ein Mann eine Frau erst einmal brav um Erlaubnis bitten, wenn er sie küssen oder auch nur berühren möchte. Doch wenn er das tatsächlich tut, ist er bei den allermeisten Frauen schon von vornherein unten durch. Warum das so ist, beschreibt zum Beispiel Wolfram Steffen in seinen Büchern. Sie tragen eindeutige Titel wie Wer nicht hören will, muss fühlen, Dir gehört der Arsch versohlt, Zucht und Ordnung, Mach sie nackt und zähme sie, Erzählungen zwischen Stock und Rute und Sein Wille geschehe.

Steffen gilt als der meistgelesene Autor der Spanking-Szene und ist überzeugt: „Frauen wollen keinen Softi und erst recht keinen Frauenversteher. Sie wollen das, was bei Frauen schon immer ganz hoch im Kurs stand: Einen richtigen Kerl mit Durchsetzungsvermögen, der ihnen zeigt, wo’s langgeht. Sie wollen einen Mann, der ihnen die ganzen Unwägbarkeiten des Lebens abnimmt und ihnen ein Gefühl der Sicherheit in zunehmend unsicheren Zeiten gibt. Sie wollen sich fallen lassen und sicher sein, dass sie aufgefangen werden. Wenn sie den Mann gefunden haben, sind sie wie Wachs in seinen Händen und haben auch kein Problem damit, dass er ihnen Grenzen setzt und von ihnen Gehorsam fordert. Und dass er sich das Recht herausnimmt, sie zu bestrafen, wenn sie sich ihm widersetzen.“

Allerdings: „Dieser Typ Mann ist selten geworden.“ Das bestätigte mir auch Klaus-Peter. „Männer werden heute vor allem von Frauen erzogen. Immer häufiger sind es alleinerziehende Frauen, die von den Männern pauschal enttäuscht sind und alles tun, damit sich der eigene Sohn nicht zum Macho entwickelt. Richtige Männer können unter solchen Bedingungen allerdings nicht entstehen.“

Klaus-Peter ist sich zwar bewusst, dass er zu den Männern zählt, die vom Mainstream als sexistische, frauenfeindliche Machos tituliert werden. Aber das bekommt er eigentlich nicht mit, denn in dieser Scheinwelt der Weltverbesserer bewegt er sich schon lange nicht mehr. „Die üblichen Dating-Börsen sind voll von desillusionierten Frauen, die sich eigentlich selbst im Weg stehen,“ ist er überzeugt. „Sie denken wie alle denken und tun, was alle tun. Und wenn sie einen Mann finden, dann wollen sie vor allem ihre Freundinnen beeindrucken, die natürlich genau wissen, wie ein Mann zu sein hat. In diesem Umfeld muss man lange suchen, um eine richtige, weibliche Frau zu finden, die genau weiß, dass sie ohne Mann eigentlich nicht lebensfähig ist.“

Doch das Netz ist groß und wer die richtigen Adressen kennt, wird auch fündig werden. Für überzeugte Befürworter der alten Werte sind es Portale wie Spankingfreunde (LINK), wo man sich recht offen gegenüber den unterschiedlichen Neigungen gibt, die vom Mainstream abweichen. Sie existieren in aller Stille und bisher weitgehend unbehelligt von der zunehmenden Zensur, mit der die dominierenden politischen und gesellschaftlichen Kreise gerne alle belegen, die ihnen nicht ins Denkkonzept passen.