Die Frau fürs Leben? Meinst du das im Ernst?

Eigentlich leben wir ja in einer Welt der Unverbindlichkeit. Man trifft sich. Man verliebt sich. Man zieht vielleicht sogar zusammen. Aber sie behält weiterhin ihren Namen und er ist nach wie vor offen für alles. Schließlich ist das Leben kurz. Also hält man fest, was man hat und hält gleichzeitig Ausschau, ob sich nicht noch etwas Besseres findet.  Dennoch gibt es Paare, die sich irgendwann einmal gefunden haben, um danach ein ganzes Leben zusammenzubleiben. Ist das nur langweilig oder die bessere Alternative?

Eigentlich geben sich ja Männer eher zugeknöpft, wenn es um ihre Gefühlswelt geht. Sie zeigen sich zwar gerne als der große Frauenaufreißer. Sie geben auch gerne mit der neuesten Flamme an, wenn diese die erforderlichen Attribute dafür mitbringt. Aber was da ganz tief in ihrem Inneren abgeht, erfährt man bestenfalls, wenn man sich schon seit Ewigkeiten kennt und zu dicken Freunden geworden ist. 

Und so trifft sich dann Hans mit Stephan am Stammtisch und beide kommen nach dem dritten Bier ins Sinnieren. Stephan hat schon mit 21 geheiratet und lebt jetzt seit 25 Jahren mit derselben Frau zusammen. Die beiden haben zwei Kinder und geben nach außen das Bild einer glücklichen Familie in besten wirtschaftlichen Verhältnissen ab. Als sein Sohn die erste Freundin mit nach Hause brauchte und betont die Tür zu seinem Zimmer zumachte, in dem er mit ihr verschwand, dachte Stephan spontan an seine eigene Jugend und es war das erste Mal, dass ihn das leise Gefühl überkam, im Leben vielleicht doch etwas verpasst zu haben. 

Damals konnte man ja als Teenie nicht einfach ein Mädchen mit nach Hause bringen, auch wenn man mit ihr lediglich auf der Couch lag und herumknutschte. Nein, so etwas musste genau geplant werden und war eigentlich nur möglich, wenn die Eltern nicht zu Hause waren und für absehbare Zeit auch nicht mit ihrem Erscheinen gerechnet werden musste. Man nannte das „sturmfreie Bude“ und meist wurden auch gleich noch ein paar Freunde eingeladen, die dasselbe Problem hatten und für jede Gelegenheit dankbar waren, ihre Flamme ausgiebig zu küssen und dabei mit den Händen möglichst umfassend zu erkunden. Mehr trauten sich Teenies damals nicht. Es war schließlich die Zeit vor der Pille und Kondome konnte man nur in der Apotheke kaufen und dafür brauchte man unbedingt einen älteren Bruder. Auch Pornos waren Mangelware und damit fehlte es am nötigen Grundwissen, ohne das man sich als Mann doch ziemlich gehemmt fühlt. 

Stephans Sohn hatte natürlich nicht nur eine Freundin. Vorausgesetzt, sein Vater hatte alles mitbekommen hatte, dann waren es mindestens vier gewesen, an denen er seine neu entdeckte Männlichkeit ausprobiert hatte. Besonders auf eine von ihnen kam er mehrmals zurück. Ihre Mutter war Ärztin und sie war vermutlich die Einzige, die regelmäßig die Pille nahm. „Stell dir vor, mein Sohn hat mit seinen 18 Jahren schon mehr Erfahrung mit den Frauen als ich,“ war Stephans Kommentar. „Ich habe nur eine einzige aufgerissen und die auch gleich geheiratet.“

Ja, diese Erkenntnis kann einem Mann richtig zu schaffen machen. 

Hans sah das Ganze völlig anders. Er war schon zum zweiten Mal geschieden und hatte auch als Ehemann schon die eine oder andere Freundschaft gepflegt, die man vor der Frau besser geheim hält. „Eine Scheidung geht richtig an die Nieren,“ so seine Erfahrung. Irgendwie wird einem dann erst richtig bewusst, wie man sich aneinander gewöhnt hat und dass das leere Bett auch im übrigen Leben eine Leere auslöst, die alles andere als leicht zu überwinden ist. Dazu kommen immer auch finanzielle Folgen, die an die Substanz gehen können.“ Nein, ein treuer Ehemann war er nie gewesen. Aber er hatte dennoch zweimal geheiratet und das immer mit dem Vorsatz, es sei die Frau für den Rest seines Lebens. „Fremdgehen kann zwar ganz spannend sein. Aber es ist ein riesiger logistischer Aufwand und man muss ein wirklich guter Schauspieler sein, damit es der eigenen Frau nicht auffällt. Auf die Dauer funktioniert das einfach nicht und schon kommt es zum großen Eklat.“

Ich selbst zähle ja eigentlich zu den überzeugten Verfechtern einer langfristigen Beziehung. Meine erste Ehe dauerte dreißig Jahre und auch meine jetzige Beziehung ist schon ein Dutzend Jahre alt. Ich glaube, ich brauche zumindest einen ruhenden Pol im Leben. Einen Ort, an dem ich mich zu Hause fühle und weiß, dass man dort auf mich wartet. Einen Menschen, dem ich vertraue und eine Frau, deren Gedanken und Verhaltensweisen mir vertraut sind und die ich auch bis in die entferntesten Winkel ihres Körpers kenne. 

Klar legt sich irgendwann die ganz große Aufregung beim Sex. Hätten wir uns in der Anfangszeit jeden Tag ficken können, passiert es mittlerweile vielleicht noch einmal die Woche. Aber es passiert. Es läuft zwar mittlerweile immer nach demselben Muster ab, aber es ist für jeden für uns etwas dabei, was wir besonders mögen. Wobei ich allerdings zugeben muss, dass meine Liebste eine Frau von der Sorte ist, die nie zu altern scheint. Ich sehe sie noch immer gerne an, wenn sie nackt durch die Wohnung läuft. 

Klar sehe ich auch andere Frauen und natürlich kommt dabei hin und wieder der Gedanke, was wäre wenn ...? Aber irgendwie war mein Verlangen nie stark genug, um mich einem neuen Kick hinzugeben oder gar einen völlig neuen Weg zu gehen. So stark war das Verlangen nie und es berührt mich auch nicht, dass ich durch mein passives Verhalten vielleicht die eine oder andere Erfahrung nicht gemacht habe. Für meine Begriffe habe ich nämlich genügend Erfahrungen gemacht, um die Frauen relativ zu sehen.

Jede Frau hat ihre tollen Eigenschaften (na ja, vielleicht nicht jede). Da gibt es Dinge, von denen man einfach angezogen wird, Dinge die man an ihr mag und die ein Gefühl der Zuneigung und Verbundenheit erzeugen. Aber man bekommt eben nicht nur die angenehmen Seiten. Man bekommt eine Frau nur als Gesamtpaket. Und dazu gehören immer auch Eigenschaften, die einem auf den Nerv gehen, die man nur schwer ertragen kann und die man ihr am liebsten abgewöhnen möchte. Ich bin überzeugt, dass es dazu keine Ausnahme gibt, auch wenn man am Anfang einer Beziehung selten sieht, was später jeden Tag zur Belastungsprobe wird. 

Mit anderen Worten: Eine Frau zu verlassen, weil man eine Andere gefunden hat, die noch verlockender ist, bedeutet meist nur einen Tausch von Vorzügen und Nachteilen. Wobei es natürlich Situationen gibt, in denen eine Trennung der einzig richtige Weg ist. Auf jeden Fall ist der ruhende Pol erst einmal weg und es braucht Jahre, bis sich der wieder gebildet hat. 

Wer eine Schwäche für einen Menschen hat, sollte auch in der Lage sein, ihn längere Zeit zu ertragen. (Ernst Ferstl)