Der Elektro-Hype kollidiert mit der Realität
Eigentlich sollte ja die Elektromobilität die Lösung aller Umweltprobleme bringen. Städte frei von Abgasen, weil alle Autos nur noch elektrisch unterwegs sind. Und weil nicht nur die Straßenbahn elektrisch fährt, sondern auch jeder Bus einen dicken Akku in sich trägt. Aber der Traum wird immer mehr als solcher erkennbar. Das scheinen zumindest die Verkehrsbetriebe allmählich zu realisieren.
Flixbus wollte es genau wissen und hat zumindest einen Bus mit Batteriebetrieb angeschafft, um seine Tauglichkeit im Linienbetrieb zu testen. Zwischen Mannheim und Frankfurt fuhr das grüne Gefährt in der unternehmenstypisch grellgrünen Lackierung. Von „nachhaltigem Reisen“ war die Rede, als das Projekt zusammen mit Greenpeace vorgestellt wurde. „Als Europas größtes Fernbusunternehmen wollen wir ein Zeichen für die Verkehrswende setzen,“ ließ Flixbus Geschäftsführer Fabian Stenger verlauten.
Doch die Euphorie war schnell verflogen. Das Projekt wurde sang- und klanglos eingestellt. Der Hoffnungsträger aus chinesischer Fertigung steht seitdem im Depot und keiner weiß so recht, was man mit ihm anstellen soll. Dabei war das Ganze doch eigentlich selbst für einen Elektrobus eine leichte Übung. Zwischen Mannheim und Frankfurt liegen gerade mal 100 km und die führen über eine topfebene Strecke. Keine besondere Anstrengung also und die Reichweite sollte selbst im Sommer (wenn der Akku auch die Klimaanlage versorgen muss) und im Winter (wenn elektrisch geheizt werden muss) mehr als ausreichen.
Die Fahrgäste bekamen jedoch schnell einen Eindruck von der Realität hinter der viel bejubelten elektrischen Zukunft. So manche Fahrt war vorzeitig zu Ende, weil irgend etwas nicht funktionierte. Immer mehr Fahrten fielen aus und mussten mit schnell beschafften Ersatzbussen bewältigt werden. Flixbus blieb daher gar nichts anderes übrig, als den Stecker zu ziehen.
Nicht viel anders sieht die Situation in Trier aus. Dort haben die Verkehrsbetriebe gleich drei Elektrobusse angeschafft und auch hier wurden zum Start des Projekts großspurige Ankündigungen gemacht. Momentan fährt keiner davon, weil sich die Technik für einen zuverlässigen Linienverkehr als viel zu anfällig erwiesen hat.
Auch in Berlin hat man den Mund recht voll genommen. Dort gibt es sogar ein „Mobilitätsgesetz“, das als einzigartig in Deutschland gilt. Die Stadt hat rund 1800 Busse, die bis zum Jahr 2030 alle durch elektrisch angetriebene Modelle ersetzt werden sollen. Das erfordert den Ankauf von rund 160 Elektrobussen pro Jahr. Auf der Website der Stadt Berlin findet man einen ausführlichen Artikel, in dem die Elektromobilität als einzig akzeptable Antriebsvariante in den Himmel gelobt wird. https://www.berlin.de/sen/uvk/presse/weitere-meldungen/2019/artikel.835957.php
Auch hier erweist sich die Realität eher als ernüchternd. Bisher fahren erst drei der bestellten Elektrobusse und die kosten nicht nur mehr als doppelt soviel wie ein herkömmlicher Bus mit Dieselmotor. Sie machen auch bereits gegen Mittag schlapp und müssen den Rest des Tages an der Ladestation verbringen. Halbe Leistung für den doppelten Preis, wirklich überzeugend hört sich das nicht an.
In Nürtingen hat man ähnlich schlechte Erfahrungen gemacht. „das Elektrobus-Projekt ist ein flop,“ lautet dort die knallharte Schlussfolgerung. An einem Bus ist bereits nach zwei Jahren die Batterie kaputt. Eine neue soll satte 80.000 € kosten. Das erschien der Stadt zu viel und sie stellte kurzerhand den Betrieb ein.
In Bremen hat man Augen und Ohren offen behalten und das Elektrobus-Projekt abgeblasen, bevor auch nur ein Fahrzeug bestellt wurde. Hier sind sich sogar die Grünen in der Regierung nicht mehr sicher, ob die E-Mobilität wirklich die Lösung der Zukunft ist. Geradezu Erstaunliches ist von der Grünen Bürgermeisterin Maike Schaefer zu hören. Sie meint, die E-Mobilität habe einfach zu viele Nachteile: „Die Batterien benötigen Kobalt, der aus Minen im Kongo stammt. Dort herrscht ausbeuterische Kinderarbeit.“ Außerdem hätten die E-Fahrzeuge derzeit eine so geringe Laufzeit, dass ihre Klimabilanz keinen wirklichen Fortschritt zu den herkömmlichen Technologien darstelle.
Von solchen Erkenntnissen noch weit entfernt ist man im hessischen Wiesbaden. Dort will man nicht weniger als den gesamten Busverkehr auf Elektroantrieb umstellen und hat gleich mal 56 Busse bestellt. Dafür lässt das Bundesumweltministerium großzügige 56 Millionen Euro springen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Wiesbaden geht mit gutem Beispiel voran und zeigt, wie ein umweltfreundlicher und attraktiver ÖPNV möglich wird.“ Überhaupt wäre kein Verkehrsbetrieb in der Lage, die Anschaffung von E-Bussen zu finanzieren, wenn der Bund nicht 40% der Kosten zuschießen würde.
Doch die Praktiker scheinen auch in Wiesbaden nicht ganz so euphorisch zu sein. Die Strecken für die ersten Busse wurden gezielt so ausgewählt, dass sie möglichst wenige Steigungen überwinden müssen. Trotzdem geht man davon aus, dass eine Akkuladung nicht länger als bescheidene 150 km hält. Ein Dieselbus schafft locker 400 km und das auch bergauf. Und der kostet höchstens die Hälfte eines E-Buses.
Nicht viel anders sieht es ja auch beim Individualverkehr aus. Auch hier wird voll und ganz auf Elektromobilität gesetzt, obwohl schon jetzt zu erkennen ist, dass das in der Praxis gar nicht funktionieren wird. Das Problem ist auch hier dasselbe: Zu geringe Reichweite (die bei Hitze oder Kälte nochmals drastisch abnimmt) und viel zu lange Ladezeiten.
Außerdem beißt sich der Hund in den Schwanz, wenn auf der einen Seite Kraftwerke abgeschaltet werden sollen, während auf der anderen von einem drastisch zunehmenden Verbrauch ausgegangen werden muss. Ein Modellversuch von enBW (dem größten Energieversorger in Baden-Württemberg) in einem kleinen Stadtviertel am Rande Stuttgarts hat gezeigt, dass die Leistung gedrosselt werden muss, wenn alle Autofahrer über Nacht ihr Fahrzeug laden wollen. Das heißt, die Ladezeit wird noch länger oder die Reichweite entsprechend geringer.
Wobei noch völlig in den Sternen steht, wie eigentlich Millionen Laternenparker ohne eigene Garage ihre Autos nachts aufladen sollen. Und was an den Autobahnraststätten los sein wird, wenn in der Urlaubszeit Millionen Menschen auf Achse sind und alle drei Stunden Fahrtzeit eine Stunde lang laden müssen.
Der Wechsel zur Elektromobilität im ÖPNV ist eine politische Entscheidung. Das heißt, sie wurde von Leuten getroffen, die von ideologischen Motiven angetrieben werden und die Folgen ihrer Entscheidung nicht überblicken. Und mit Ideologen ist es wie mit Gläubigen. Sobald man sie mit Fakten konfrontiert, werden sie aggressiv. Andersdenkende werden zu Ungläubigen erklärt, verfolgt, diskreditiert, persönlich diffamiert oder gar umgebracht. Im Namen des Glaubens. Im Dienst der Sache.