Wer wirklich Erfolg bei Frauen hat, zeigt sich erst später
Der amerikanische Student Elliot Roger war nicht gut auf die Frauen zu sprechen: „Frauen sind wie eine Pest. Sie sind wie Tiere, komplett kontrolliert durch ihre ursprünglichen, verdorbenen Gefühle und Triebe.“ Roger war der 22-jährige Amokläufer, der 2014 in Isla Vista in der Nähe der University of California in Santa Barbara sechs Menschen tötete und dreizehn weitere verletzte, bevor er sich mit einem Kopfschuss selbst umbrachte. In seinem 137 Seiten langen Manifest findet man auch folgende Aussage: "Eines Tages werden die Incels ihre wahre Stärke und Anzahl begreifen und das bedrückende, feministische System stürzen. Stell dir eine Welt vor, in der Frauen dich fürchten."
Incels – damals geriet dieser Begriff zum ersten Mal in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit. Diese Kombination aus den Wörtern „involuntary“ und „celibate“ beschreibt Menschen, die zölibatär, also enthaltsam leben, dies aber eher unfreiwillig tun. Es sind jene Jugendlichen, für die sich anscheinend einfach kein Mädchen interessiert. Und die Männer, die es irgendwie nicht schaffen, eine Frau auch nur anzusprechen, geschweige denn sie für sich zu gewinnen. Was zurück bleibt, ist ein Frust, der mit jedem Misserfolg tiefer wird und sich schließlich zu einem tief greifenden Hass auf alle Frauen steigert.
So äußerte sich zum Beispiel ein Incel mit folgenden Worten einem Journalisten gegenüber:
„Junge Frauen in den vergangenen Generationen hatten immer Hilfe von ihrer Großmutter. Sie hat bei der Suche nach einem Mann geholfen. Sie hat gesagt: Das ist ein guter Typ, er wird für dich sorgen. Diese Großmutter wurde durch das Magazin Cosmopolitan ersetzt. Heute wollen Frauen nach oben heiraten. Sie wollen ihren Stand verbessern. Ich würde nicht sagen, dass wir Incels Frauen hassen. Aber wenn du 50-mal zurückgewiesen wurdest, dann entwickelst du negative Gefühle, das ist normal.“
Und diese negativen Gefühle führen zu einem Frauenbild, das bedenklich ist: „Frauen sind einfach designte Roboter mit dem Wunsch, sich fortzupflanzen,“ kann man in einschlägigen Foren lesen. In Internet-Gruppen wie love-shy.com sind Incels unter sich und sprechen aus, was sie von dem für sie scheinbar unerreichbaren Geschlecht halten. Zum Beispiel: "Mir wurde immer beigebracht, Frauen zu respektieren und nicht sexuell aggressiv zu sein. Das war ein Eimer voller Scheiße. Alles, was sie wirklich wollen, ist ein Muskelmann, der ihnen in den Arsch fickt, statt Liebe zu machen mit einer echten Person mit echten Gefühlen."
Der Amokläufer Elliot Roger wird in diesen Kreisen als eine Art Vorbild gesehen. Allerdings fragte man sich auch, weshalb er zum Amokläufer wurde, anstatt das Naheliegende zu tun. Zitat: „Warum hat er nicht einfach eine Schlampe mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt?"
Viele Incels steigern sich in die Vorstellung hinein, sie seien einfach zu hässlich, um eine Frau für sich gewinnen zu können. Schon in der Schule waren sie neidisch auf die Anderen, die ein hübsches Mädchen nach dem anderen abschleppten und unter ihresgleichen damit angaben, wie viele ihrer Mitschülerinnen sie schon flachgelegt hätten. Ein Incel sieht sich schlicht und einfach als Verlierer im Kampf um die süße Blondine, die schlanke Schwarzhaarige oder all die anderen Mädels, mit denen sie tagtäglich im Klassenzimmer sitzen. „Frauen sind von den Verführten zu den Verführern geworden, weil sie heute wirtschaftlich unabhängig sind,“ lautet ihre Meinung während sie von einer Welt träumen, in der die Männer wieder das Sagen haben und mit Emanzen kurzer Prozess gemacht wird.
Aber irgendwie möchte man ihnen zurufen: Wacht auf, Jungs. Hör auf, euch selbst zu bemitleiden, denn es ist nichts so, wie es zu sein scheint.
Denn wie war es denn damals in der Schule? Klar gab es die ganz tollen Kerle, die es irgendwie drauf hatten und denen die Mädchen in Scharen nachliefen. Natürlich hat die eine oder andere die Beine breit gemacht und war auch noch ganz stolz darauf, mit dem Mädchenschwarm der Schule zu „gehen“. Teenies haben eben noch nicht allzu viel Erfahrung, wenn es um Männer geht. Sie werden verlegen, wenn er auch nur einen Blick in ihre Richtung wirft und wissen nicht, dass das erste Mal mit ihm vermutlich ein Desaster sein wird. Denn er selbst hat ja auch keine Ahnung und wird sich als Anfänger wie ein Anfänger anstellen.
Doch der Schwarm aller Mädchen stellt sich selten als der ganz große Wurf heraus. Das wissen alle, deren Schulzeit schon ein paar Jahre zurückliegt. Entweder ist er ein Weiberheld geblieben und hat sein ganzes Leben mit Abenteuern verbracht, die selten mehr als ein paar Monate hielten. Oder man trifft ihn später als braven Beamten wieder, der vom Porsche träumt, während der mit dem Passat die Familie in den Urlaub kutschiert.
Der ganz tolle Hecht zu meiner Schulzeit hieß Dietmar. Ob er wirklich all die Mädchen flach gelegt hat, von denen er unter vorgehaltener Hand erzählte, weiß ich nicht. Aber ich kann mich noch an den Skandal erinnern, als die Doris von ihm schwanger wurde. Das war in den 70er Jahren. Damals gab es die Pille noch nicht und Abtreibung war hierzulande höchst kriminell. Also heirateten die beiden und wurden Eltern, noch bevor sie ihr Abi in der Tasche hatten.
Wie es der Zufall wollte, bin ich neulich bei stayfriends.de wieder auf seinen Namen gestoßen. Ich habe Google bemüht und fand einen Artikel über ihn aus der Lokalpresse. Darin wurde von einem gewissen Polizeiobermeister Ditmar G. berichtet, der soeben pensioniert worden war. Er war also sein ganzes Leben in der Stadt geblieben, in der wir zur Schule gegangen sind. Er war bei der Polizei gelandet. Mehr als ein kleiner Beamter war aus dem einstigen Weiberhelden nicht geworden. Nicht gerade eine glanzvolle Karriere, wie ich meine.
Die Heirat mit der kleinen Blonden hat offenbar gehalten. Seinerzeit hatte sie einen verführerischen Po, der prall ihre Jeans ausfüllte. Sie war eine der Ersten in der Klasse, die richtige Brüste hatte und es gab wohl keinen Jungen, der nicht von ihr träumte. Heute ist sie eine ziemlich fette Frau, die bei Ditmar ganz bestimmt schon lange keine erotischen Träume mehr auslöst. Vielleicht hat er sich ja den einen oder anderen Seitensprung gegönnt. Oder er ist gelegentlich in den Puff gegangen, um seine Sexualität auszuleben. Als Polizist kannte er ja sicher die einschlägigen Adressen. Ich weiß es nicht, aber als braven Familienvater kann ich ihn mir irgendwie nicht vorstellen.
Ich war seinerzeit genau das Gegenteil von Ditmar. Ich war einer von den ganz Schüchternen. Ich habe mich zwar in mehrere Mädchen verliebt, aber ich hab mich nie getraut, ihnen das zu sagen. Denn einen wie mich wollte sicher keine haben. Ich durfte ja nicht mal Jeans tragen, wie sie seinerzeit jeder anhatte. Outfit-mäßig war ich somit megaout. Ich durfte auch zu keiner Party gehen, wie sie damals ständig in irgendwelchen Kellern stattfanden. Also hatte ich schon rein logistisch keine Chance, in irgendwo mit einem Mädchen herumzuknutschen.
Nein, ich war der Tüftler, der zu Hause Radios bastelte und die Zeitschaltuhr der Schule so umprogrammierte, dass der Gong immer fünf Minuten früher ertönte, als er eigentlich sollte. Ich war damals schon ein Schreiber und habe die erste Schülerzeitschrift der Stadt herausgebracht, wofür ich beim Abi einen Sonderpreis erhielt. Aber, wie gesagt, Mädchen hatte ich keines. Nach heutigen Begriffen war ich also ein Musterbeispiel für einen Incel.
Das mit den Frauen begann für mich erst, als ich schon richtig Geld verdiente. Aber ich habe nicht einfach eine aus der Nachbarschaft geheiratet, wie es damals alle meine Freunde taten. Nein, meine Frau war ein exotisches Wesen vom anderen Ende der Welt. Denn ich konnte nicht nur gut schreiben, sondern sprach auch fließend Englisch. Und ich kam viel in der Welt herum und hatte damit beste Voraussetzungen, um mir das Besondere ins Bett zu holen.
Aber um auf Ditmar zurückzukommen, auch ich bin mittlerweile in dem Alter, in dem andere an die Rente denken. Aber ich habe das bisher einfach ignoriert. Dafür ist nämlich mein Beruf viel zu interessant und mein Leben noch voller Pläne und Ideen. Genauso wie mein Sexualleben noch lange nicht erloschen ist und nach zehn Jahren Ehe von einer neuen Schönheit wach gehalten wird, die ich nur ansehen muss, um wieder Lust zu kriegen.
Genau das ist meine Botschaft an alle Incels dieser Welt. Es kommt nicht darauf an, beliebt zu sein, von den Mädchen umschwärmt zu werden und eine nach der anderen flach zu legen. Wichtig ist es, die Eine, Einzige, Richtige zu finden, auch wenn man dafür um die halbe Welt reisen muss. Denkt also nicht daran, Amok zu laufen und wild um euch zu schießen, nur weil ihr mit 22 noch keine abbekommen habt. Denn erst im Laufe der Jahrzehnte stellt sich heraus, wer wirklich der erfolgreichere Liebhaber, wer das bessere Sexleben hatte, wer es geschafft hat und wer nicht.