Spionage-App: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Funktionierende Gesellschaften zeichnen zwei Merkmale aus: Hierarchie und Überwachung. Jedes Unternehmen ist hierarchisch aufgebaut. Es gibt Funktionen und Abteilungen. Es gibt Untergebene und Vorgesetzte. Es gibt solche, die nach Weisung arbeiten und solche, die Weisungen erteilen. Und es gibt Kontrollinstanzen, die alles überwachen, Leistungen messen, Fehler ahnden und Schwachstellen bloßstellen. Alle Versuche, daran etwas zu ändern, sind bisher fehlgeschlagen. Nur in der kleinsten Einheit menschlichen Zusammenlebens – in der Beziehung zwischen Mann und Frau – hält sich hartnäckig die Idee, dass beide gleichberechtigt sind, niemand die Verantwortung trägt, keiner das letzte Wort hat und am Ende der Mann schuld ist.
Dabei war das nicht immer so. Über Jahrhunderte hinweg waren die Rollen zwischen Mann und Frau klar aufgeteilt. Er sorgte für den Unterhalt der Familie und sie hielt ihm den Rücken frei. Er war Familienoberhaupt, trug die Verantwortung und traf die Entscheidungen. Sie stand an seiner Seite und tat alles, um ihn zu unterstützen. Sie sah zu ihm auf und er legte schützend seine Arme um sie. Bis in die fünfziger Jahre hinein hatte er sogar das Züchtigungsrecht und das galt sowohl für die Kinder als auch die Ehefrau. Wollte seine Frau einer eigenen Arbeit nachgehen, brauchte sie dafür seine Einwilligung.
Er heiratete, sie wurde geheiratet und die Kirche achtete genau darauf, dass zwei nicht einfach miteinander ins Bett stiegen, sondern er sie erst feierlich „zur Frau“ nahm und sie damit „unter die Haube“ kam. So stand es schon in der Bibel, die eindeutig klarstellte, dass der Mann das „Haupt“ seiner Frau ist und sie ihm entsprechenden Respekt schuldet. Über ihre Reche ist im Buch der Bücher recht wenig zu lesen. Da unterscheiden sich Bibel und Koran nur im Detail.
Die Herrschaft des Mannes über die Frau ist also fest verankert – im Glauben, in den Traditionen, in den Gesetzen.
Wer glaubt, dass das seit der Emanzipation Vergangenheit ist, betrachtet die Welt nur an der Oberfläche. Auch wenn sich Gesetze längst geändert haben, wird heute immer noch geheiratet wie es die Kirche will. Noch immer suchen Frauen vor allem Männer, zu denen sie aufblicken können und vor denen sie Respekt haben. Und auch wenn sie sich in wichtigen Fragen ein Mitspracherecht nimmt, ist es am Ende doch er, der das letzte Wort hat. Denn keine Frau will einen Schwächling, der sich nicht durchsetzen kann und kein Machtwort spricht. Und kein Mann will eine Frau, mit der sich ständig auseinandersetzen muss.
Wobei Macht auch immer auch eine Frage der Machtmittel ist. Kein Mensch hat Macht über einen anderen, wenn er nicht über ihn bestimmen kann. Und keine Macht kommt ohne Überwachung aus. Denn nur wer nachprüfen kann, ob seine Anordnungen befolgt werden, kann diese auch durchsetzen. Deshalb gibt es Blitzampeln in den Städten, Politessen, die Falschparker aufschreiben und Finanzämter, die immer informiert sein wollen, wenn Geld seinen Besitzer wechselt.
Das steckt tief in uns drin und das wirkt sich auch auf unser ganz persönliches Leben aus. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser ist daher ein Spruch, der jedem einleuchtet. Und der irgendwie zum festen Bestandteil männlichen Handelns gehört. Natürlich vertraut er seiner Freundin, seiner Geliebten, seiner Lebenspartnerin, seiner Frau. Aber dieses Vertrauen hat Grenzen. Es hört genau an der Stelle auf, an der er das Gefühl hat, nicht mehr alles mitzubekommen, was sie tut.
Wobei Überwachung heute einfacher ist als je zuvor. Denn wir leben im Digitalzeitalter und jeder Frau hat ihr eigenes Smartphone in der Tasche, das praktisch ihren ganzen Lebenslauf aufzeichnet und mehr Spuren über ihren Tagesablauf hinterlässt als je zuvor. Zur Zeit der Wählscheibe konnte er noch nicht einmal in der Telefonrechnung nachsehen, mit wem sie im Laufe des Monats so alles telefoniert hat. Heute braucht er nur Zugriff auf ihr Handy und weiß alles über sie. Auch das, was sie vor ihm verheimlicht. Und Wissen schafft Informationsvorsprung. Wissen ist Macht.
Der Schlüssel zu diesem Wissen ist eine App namens FlexiSpy. Sie wurden in Thailand entwickelt, ist für rund 150 Euro zu haben und macht jedes Handy zum Spion. Einmal installiert, entgeht im kein Telefongespräch, keine SMS, kein Videoanruf. Er kann sich einklinken, wann immer er will und wird zum Mitwisser, ohne dass sie eine Ahnung davon hat. Live. Jederzeit. Überall. Er kann sogar das Mikrofon einschalten und wird zum Ohrenzeugen, wenn sie es mit einem heimlichen Liebhaber treibt.
Das Ganze ist natürlich illegal. Zumindest in vielen Ländern dieser Welt. Aber Verbote haben noch nie darüber entschieden, ob etwas getan wird oder nicht. Und Männer, die Grund für Misstrauen haben, haben noch immer Mittel und Wege gefunden, um Glauben in Wissen und Verdacht in Gewissheit zu verwandeln.
Die App selbst muss auf ihrem Smartphone installiert werden und agiert dann automatisch im Verborgenen. Sie liefert ein komplettes Bewegungsprofil und schneidet jede Kommunikation mit, die über das Gerät läuft. Die Daten landen auf einem Cloud-Server und können jederzeit gelesen und abgehört werden. Die ganze Aktion muss natürlich top secret bleiben. Aber wenn er weiß, wann sie sich wo mit ihrem Liebhaber trifft und wo der Ehebruch stattfindet, ist es ein Leichtes für ihn, den entrüsteten Ehemann zu spielen, der rein zufällig hinter das heimliche Treiben seiner Frau gekommen ist.
Es kann also durchaus interessant sein, ihr zum Geburtstag ein schickes neues Handy zu schenken und künftig über alles Bescheid zu wissen.