Nötigung durch die Hintertür
Jemand durch Ausübung von Druck zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er aus eigenem Antrieb nie treffen würde, nennt man Nötigung. Wer auf der Autobahn so dicht auf seinen Vordermann auffährt, dass dieser genervt auf die rechte Spur wechselt, muss dafür mit einer recht empfindlichen Strafe rechnen. Auch wer durch Androhung von Nachteilen oder gar mit Gewalt zu einer Unterschrift unter einen Vertrag veranlasst, macht sich der Nötigung schuldig und das Papier ist unter Umständen wertlos.
Ähnlich sieht es aus, wenn ein Programmierer eine Software entwickelt, die nach einer bestimmten Zeit nur noch eine Fehlermeldung ausgibt, damit der Kunde den kostenpflichtigen Support in Anspruch nehmen muss oder gar einen teuren Wartungsvertrag abschließt. Auch das ist Nötigung, auch wenn kaum jemand nachweisen kann, dass irgendwo im kompilierten Programmcode eine solche Routine nistet.
Auch Unternehmen aus dem Bereich der Telekommunikation bedienen sich gerne versteckter Druckmittel, um den Kunden zu Mehrausgaben zu veranlassen. Nervige Call-Center-Mitarbeiter erzählen von einer neuen Option zum bestehenden Handy-Vertrag, die eigentlich jeder haben muss, der kein Geld verschenken will. Dass damit der Vertrag stillschweigend um weitere zwei Jahre verlängert wird, verschweigen sie natürlich.
Solange nerven, bis der Kunde nachgibt
Noch dreister sind Manipulationen, die der Kunde seiner Telefongesellschaft nicht nachweisen kann, auch wenn er den starken Verdacht hat, dass er damit zu einem Vertragswechsel genötigt werden soll. Zum Beispiel, wenn er noch einen dieser wertvollen alten DSL-Verträge hat, die eine echte Flatrate mit unbegrenztem Datenvolumen beinhalten.
Mittlerweile werden nämlich fast nur noch Verträge angeboten, bei denen das monatliche Datenvolumen begrenzt ist. Lädt der Kunde mehr Dateien herunter oder streamt zu viele Filme auf seinen Fernseher, greift die Geschwindigkeitsbremse und er wird auf die Kriechspur ins Internet verwiesen. Auch das ist Nötigung und dient nur dazu, einen höherpreisigen Vertrag abzuschließen oder eben deutliche Einschränkungen in Kauf zu nehmen.
Doch wie soll man mit Kunden umgehen, die sich hartnäckig weigern, ihren alten Vertrag zu erneuern und sich zum gleichen Preis auf schlechtere Bedingungen einzulassen? Ganz einfach. Man nervt sie. Und zwar so lange, bis sie sich geschlagen geben.
Wie man lästige "Altkunden" bearbeitet
Meine Freundin zum Beispiel beklagte sich kürzlich, dass ihr Smartphone immer wieder „keine Netzverbindung“ anzeige. Schaltet sie es aus und wieder ein, ist plötzlich wieder alles in Ordnung. Das passierte zunächst nur selten, dann aber fast täglich. Ärgerlich, wenn man darauf angewiesen ist, für die Kunden ständig erreichbar zu sein.
Komisch war, dass das Problem auch auf meinem Smartphone auftrat, sobald ihre SIM-Karte eingelegt war. Also ein Fall für den O2-Service, denn offensichtlich war ja die Karte nicht mehr in Ordnung. Eine neue Karte wollte man aber nicht herausrücken. Angeblich sei mit der Verbindung alles in Ordnung. Außerdem sei sie ein „Altkunde“ aus Alice-Zeiten (ein Hamburger Unternehmen, das zwischenzeitlich von O2 geschluckt wurde) und man riet ihr dringend, doch auf einen O2-Vertrag zu wechseln. Was sie dann auch tat und dieselbe SIM-Karte im selben Smartphone machte plötzlich keine Zicken mehr.
Der ferngesteuerrte Router
Ähnliches erlebte ich mit meinem DSL-Vertrag. Auch ich war „Altkunde“ und genoss damit noch die Vorteile einer unbegrenzten Flatrate. Eine Situation, die man offensichtlich mit aller Gewalt ändern wollte. Zum Beispiel, indem immer wieder meine WLAN-Verbindung abriss. Einfach so und ohne erkennbaren Grund. Monatelang. Mehrmals am Tag. Sobald der Router neu gestartet wurde, war der Zauber vorbei. Bis zum nächsten Vorfall.
An meinem Computer konnte es nicht liegen, denn es passierte mit allen fünf Rechnern, die hier laufen. Am Router lag es auch nicht, denn der funktionierte nach einer Weile plötzlich wieder einwandfrei.
Nach ein paar Wochen war der Spuk vorbei. Dafür tauchte ein neues Problem auf. Nachts. Immer dann, wenn die Verbindung kurz unterbrochen wird, um mich über eine neue IP-Adresse mit dem Netz zu verbinden, passierten plötzlich rätselhafte Dinge. Ich merkte es meist erst am Morgen, wenn ich zum ersten Mal ins Internet wollte. Das WLAN war plötzlich nicht mehr vorhanden. Mein Routername tauchte nicht mehr auf. Die Verbindung war gekappt. Beim ersten Mal kostete es mich eine gute Stunde, um die Ursache des Problems zu ergründen. Über ein Ethernet-Kabel kam ich nämlich problemlos ins WLAN und auch ins Internet. Und ich konnte das Konfig-Menü des Routers aufrufen, um mir dessen Einstellungen näher anzusehen.
Da war dann auch schnell klar, woran die Störung liegt: die WLAN-Funktion war schlicht und einfach deaktiviert. Ein Häckchen gesetzt und alles funktionierte wieder.
Ich habe die Einstellung nicht verändert. Andere haben keinen Zugriff auf meinen Router. Außer, ja natürlich, wer meine Online-Verbindung erneuern kann, hat vermutlich noch ganz andere Zugriffe auf meinen Router.
Das Problem hielt einige Monate an. Bis O2 irgendeine technische Umstellung machte und mir einen neuen Router schickte. Seitdem ist alles wieder normal. Im Augenblick zumindest.