Starke Frauen: Willkommen im Märchenland
Sie geistern durch den Blätterwald und doch bekommt man sie nie zu Gesicht. Die Rede ist von starken Frauen, die angeblich ihr Leben im Griff haben und es mühelos schaffen, Job, Kinder und Beziehung unter einen Hut zu bringen. Meist werden sie mit diesem Siegerlächeln dargestellt und all die Muschis unter den Lesern sind neidisch, weil sie das alles einfach nicht schaffen. Lernt man sie jedoch persönlich kennen, ist von Stärke meist nicht viel zu merken. Wie auch, wenn man von einer Aufgabe zur nächsten hetzt und eigentlich für nichts wirklich den Kopf frei hat.
Superman konnte fliegen, hatte unvorstellbare Kräfte und war stets zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Als Kinder haben wir viel davon geglaubt und sind zumindest in der Fantasie weit über uns hinausgewachsen. Aber das waren noch andere Zeiten. Damals war Papa noch der Größte, Mama war immer da, wenn jemand nach Trost verlangte und die Welt war einfach in Ordnung. Aber damals gab es ja auch noch das Maggi-Kochstudio und die Frau im Fernsehspot wusste genau, was ihren Mann glücklich macht. Es gab das weißeste Weiß auf Erden und es war selbstverständlich eine Frau, die die Wäsche aufhängte. Im Käfer saß sie auf dem Beifahrersitz, denn sie hatte keinen Führerschein. Vom sparsamen Einkaufen verstand sie etwas, aber ein eignes Konto besaß sie nicht. Entscheidungen traf ihr Mann, denn dafür war er schließlich da.
So richtig unglücklich sahen die Hausfrauen aber nicht aus, wenn sie sich zum Kaffeeklatsch trafen, über ihre Kinder redeten und heile Familie spielten. Berufstätige Frauen wurden von ihnen insgeheim bedauert und wenn eine unverheiratet war, dann musste man das unbedingt ändern. Frauen lasen damals Magazine mit Frauennamen. Die meisten davon gibt es nicht mehr. Aber ihr Inhalt ist auch nicht mehr gefragt. Da ging es nämlich Ausgabe für Ausgabe darum, wie sich Frau hübsch macht, um ihrem Mann zu gefallen und wie sie es überhaupt anstellen muss, einen zu bekommen. Eine Frau ohne Mann war schließlich einsam und wollte auch gelegentlich ... nein, davon redete man seinerzeit eher nicht.
Auch damals schrieben ausschließlich Frauen für Frauen und das ist vermutlich der einzige Aspekt, der geblieben ist. Nur die Frauen sind heute anders. Völlig anders. Von Ehe reden sie nicht mehr. Das Wort dafür heißt Beziehung und die fängt irgendwann kurz nach dem One-Night-Stand an und ist spätestens nach zwei Jahren zu Ende. Wenn man zusammenzieht, ist es eine ernsthafte Beziehung, denn so ein Umzug kostet Zeit und Nerven und eine neue Wohnung findet man heute nicht so schnell.
Eine Hochzeit nennt sich heute Event und dafür gibt es Spezialisten. Die kosten ein Schweinegeld, aber nur Perfektion kommt bei der Verwandtschaft an und schließlich heiratet man nur einmal. Oder hat es zumindest vor. Denn die meisten Ehen halten nicht länger als eine ganz normale Beziehung ohne all dem Gedöns. Immer mehr Paare haben sich daher der Monogamie auf Zeit verschrieben und laufen ständig mit der Frage herum, an wen sie denn als Nächstes andocken könnten, wenn sich die Sache doch nicht so entwickelt, wie erhofft. Denn die moderne Frau ist ständig mit der Optimierung ihres Lebens beschäftigt und das kann ganz schön stressig sein.
Frau Super ist natürlich berufstätig. Schließlich hat sie studiert und möchte sich verwirklichen. Sprich, sie will Karriere machen, wie auch der Mann, mit dem sie momentan gerade das Leben teilt. Dafür rackert sie sich ab, denn ihre Einflüsterer von der Medienfront sagen ihr ständig, dass Frauen es im Beruf besonders schwer haben. Weil die Männer Seilschaften haben und entschlossen sind, keinem Weib eine Chance zu geben. Deshalb gibt es ja auch Gleichstellungsbeauftragte. Sie sind immer Frauen und meist von der hässlichen Sorte. Sie können sich unheimlich wichtig machen, wenn mal wieder ein Mann einen Job bekommen hat, den laut Prozentrechnung eigentlich einer Frau zugestanden wäre. Von Qualifikation ist dabei meist keine Rede, denn Frau zu sein ist anscheinend völlig ausreichend.
Die richtigen Superfrauen sind natürlich selbstständig. Irgendwas mit Medien. Oder mit Mode. Das heißt, sie sind Grafikerinnen und arbeiten zu Zweit, zu Dritt oder zu Mehreren in einem Büro. Auf dem Türschild steht etwas von Werbung, Kommunikation oder Social Media und das Ganze ist eine Firma. Aber die ist natürlich anders als normale Firmen. Nicht nur, weil hier von Gleichstellung keine Rede ist und nur Frauen eingestellt werden. Umgekehrt wäre das zwar ganz übler Sexismus, aber das ist eine andere Geschichte.
Auch gibt es hier niemand, der das Sagen hat, denn alles wird natürlich im Team entschieden, auch wenn das meist heißt, dass eben nichts entschieden wird. Da Frauen ständig unpässlich sind, muss jede alles können, denn die Firma ist chronisch unterbesetzt. Eine hat gerade ihre Tage, was ganz schlimm ist und unbedingt zu Hause auskuriert werden muss. Eine andere hat momentan Beziehungsstress und ist daher nur mit dem halben Kopf bei der Sache. Eine wurde gefickt und streichelt den ganzen Tag verträumt ihren Bauch. Sie wird bald in Mutterschutz gehen und der Firma viel Geld kosten, ohne dafür etwas zu leisten. Und dann gibt es noch die Mutti, die natürlich alleinerziehend ist und sich entweder um die Masern des Kleinen kümmern muss, ihn schnell mal vom Kindergarten abholt oder gleich mit ins Büro bringt, wo er dann demonstrieren kann, dass für Erziehung wohl auch keine Zeit war.
Irgendwann taucht dann diese junge Reporterin auf. Sie arbeitet auf Zeilenbasis, denn feste Mitarbeiter stellen Verlage ja heute nicht mehr ein. Da sie gerade von der Uni kommt, ist sie hochmotiviert und hat ein festes Weltbild. Feministisch natürlich. Sie hat Politologie studiert, Germanistik, Soziologie oder Geschlechterkunde, also irgend etwas, was die Menschheit nicht braucht. Ihre Lieblingsthemen sind Feminismus, Sexismus und die Sache mit den diversen Geschlechtern. Auch über toxische Männlichkeit schreibt sie gerne. Gegen Männer zu sein, ist immer gut. Solche Artikel passen in den Mainstream und werden von den Verlagen gerne genommen.
Wir leben schließlich in einer Welt der Weiblichkeit und Powerfrauen sind das Stichwort der Zeit. Die gibt es angeblich überall und immer häufiger. Zum Beispiel bei den Grünen. Da haben sie das mit der Quotenregelung schon durchgesetzt und müssen ans Mikrofon gelassen werden, auch wenn sie keine Ahnung haben und nur Blödsinn von sich geben. Oder bei den Sozis. Da muss man vor allem so aussehen, wie eine Frau eigentlich nicht aussehen möchte, um den begehrten Vorsitz zu ergattern. Aber bei den Konservativen mit der kommunistischen Chefin ist es ja nicht viel anders. Wobei man da mittlerweile wohl gemerkt hat, dass das mit den Frauen wohl doch nicht so richtig funktioniert und ihnen Gelegenheit gibt, sich bei der Bundeswehr auszutoben. Dort kommt es auf eine Frau mehr oder weniger auch nicht mehr an, aber man kann Kindergärten einrichten und die Arbeitszeiten - siehe oben - frauengerechter gestalten.
Die einzige Ausnahme findet man wohl bei den Blauen, also die Partei, deren Namen man nicht aussprechen darf, wenn man bei Facebook weiter mitspielen will. Die haben immerhin eine Frau im Parlament, die mehr von Wirtschaft versteht, als die letzten drei Wirtschaftsminister - wie hießen sie doch gleich?
Aber über die will natürlich unsere Reporterin nicht schreiben. Alles rechts von links ist schließlich tabu. So einen Artikel würde ihr daher niemand abkaufen. Sie hat sich daher am Thema Powerfrauen festgebissen. Sie sucht Frauen, die etwas auf die Beine gestellt haben. Frauen, die fest im Leben stehen und ein Vorbild für all die Muttis sind, die sich von ihrem Mann aushalten lassen. Oder für die Emanzen, die zwar hochmotiviert sind, es aber irgendwie nicht aus ihrer Sozialwohnung schaffen.
Denn die moderne Frau ist emanzipiert. Sie ist gebildet. Sie ist selbstbewusst. Sie hat Erfolg im Beruf. Sie hat ihr Leben im Griff. Sie ist natürlich irgendwie links, denkt an die Umwelt und wenn sie etwas anpackt, dann natürlich ganzheitlich und vor allem nachhaltig. Das macht man schließlich heute so. Sie wohnt in einem schicken Viertel und fährt im Idealfall ein Elektroauto. Das gibt un serer Reporterin gutes Material für die Bilderstrecke und viele Zeilen, um die nächste Miete zu zahlen.
Das Problem ist nur, solche Frauen gibt es nicht. Sie kommen in der Natur einfach nicht vor. Sie sind ein Phantom, über das schon viele Zeilen geschrieben wurden, die mehr Fantasie als Wahrheit enthalten. Sie sind übernatürliche Wesen mit Eigenschaften, die das genetische Programm für Frauen so nicht vorgesehen hat. Das Problem ist nämlich, dass es eine physikalische Konstante gibt, der sich kein Mensch entziehen kann. Auch Frauen nicht. Man nennt sie Zeit und Zeit ist absolut unparteiisch. Jeder von uns hat genau dieselbe Menge davon. Exakt vierundzwanzig Stunden und das jeden Tag. Die Langschläfer genauso wie die Frühaufsteher. Die Normalos vor dem Fernseher genauso, wie die Stars in der Talkshow. Die Mutti zu Hause ebenso wie die Karrierefrau in der Vorstandsetage.
Das Problem dabei ist, dass alles, was wir tun, immer auch Zeit kostet. Den Kleinen zum Kindergarten bringen: Zeit. Den Junior beim Fußballspiel anfeuern: Zeit. Der pubertierende Tochter irgend etwas ausreden: Zeit. Täglich joggen, um fit zu bleiben: Zeit. Ein Abend mit den Kumpels: Zeit. Einkaufen, Kochen, Essen: Zeit. Miteinander reden: Zeit. Entscheidungen treffen: Zeit. Ein romantisches Dinner zu Zweit: Zeit. Sonntags einmal richtig ausschlafen: Zeit. Schmusen, Kuscheln, Ficken: Zeit. Die Wohnung in Schuss halten: Zeit. Fernsehen und Lesen, um informiert zu bleiben: Zeit. Im Stau stehen: Zeit. Zwischendurch mal Urlaub machen: Zeit. Geld verdienen: Viel Zeit.
Wenn die Powerfrau Familie oder zumindest einen Partner hat und sich voll für ihren Job einsetzen will, kann es durchaus passieren, dass das Zeitkontingent schneller verbraucht ist, als ein Tag hergibt. Tricksen ist hier nämlich nicht drin. Schummeln erst recht nicht, denn der Zeiger tickt weiter, ganz gleich was man gerade tut.
Ganz Schlaue versuchten es mit Zeitmanagement. Sie kaufen sich Bücher wie „Getting Things Done“ und nutzen Software wie Todoist oder Zenkit. Sie haken jeden Tag ihre To-do-Liste ab. Sie telefonieren im Auto, um die Fahrtzeit zu nutzen. Sie lassen sich beim Joggen ihre E-Mails vorlesen und versuchen ständig, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Sie takten ihr Leben minutiös durch und haben nie Zeit, obwohl sie ständig beschäftigt sind.
Das trifft natürlich auch auf viele Männer zu, aber wir reden ja hier von Powerfrauen.
Der Powerfrau dichtet man nämlich an, dass sie Beruf und Privatleben gleichermaßen im Griff hat. Sie leitet morgens das ganz wichtige Meeting, sprinted von einer Teambesprechung zur anderen, kocht abends was Leckeres und hat immer Zeit für den Mann, der gerade Teil ihres Lebens ist. Wenn sie Kinder hat, spielt sie natürlich ganz nebenbei noch die fürsorgliche Mutti und wenn es irgendwelche Probleme gibt, hat sie immer ein offenes Ohr. Müdigkeit ist in diesem Konzept nicht vorgesehen. Stress und all seine Nebenwirkungen ebenfalls nicht. Der Kopf muss funktionieren. Der Körper muss funktionieren. Das Leben muss funktionieren. Die Zeit läuft.
Dass das alles eine Illusion ist, sollte eigentlich einleuchten. Und dass das mit der Powerfrau ein Märchen ist, wird spätestens auf dem zweiten Blick sichtbar. Egal, was der Mainstream sagt. Ganz gleich, was fleißige Autorinnen in den Computer tippen. Eine Frau, die sich ihrer Karriere verschrieben hat, muss an anderer Stelle Abstriche machen. Vielleicht muss sie auf Kinder verzichten, auch wenn sie gerne welche hätte. Oder das mit der Partnerschaft klappt einfach nicht, weil sie einfach immer gestresst ist. Oder sie steht ständig unter Strom, bis der Körper sagt, jetzt ist Schluss und der ganz große Zusammenbruch da ist.
Wie gesagt, bei Männern ist das nicht viel anders. Aber von einem Supermann schreibt ja mittlerweile auch keiner mehr. Schließlich sind es ja heute die Frauen, die es drauf haben und die Welt verändern. Sie sind intelligent, emanzipiert, unabhängig und selbstbewusst. Sie bleiben fit und achten auf ihr Äußeres. Sie sind hart und weich ganz nach Bedarf. Sie sind Business Woman, gleichberechtigte Partnerin, beste Freundin, feurige Liebhaberin und fürsorgliche Mutter und das alles in einer Person.
Sie sind das Märchen, das zu toll ist, um wahr zu sein. Eine Figur, die nur in den Köpfen existiert und im wahren Leben noch nie gesichtet wurde.
In Wirklichkeit wirkt nämlich innen drin dieselbe Genetik, die schon seit Jahrtausenden am werkeln ist. Und die ist auch bei den Frauen alles andere als perfekt. Sie hat ihre Stärken und Schwächen. Sie ist so unvollkommen wie alles, was Mensch heißt. Sie ist nicht schlechter als jeder Mann, aber auch alles andere als besser. Denn eine Frau tickt wie eine Frau und ein Mann wie ein Mann. Eine richtig runde Sache wird erst draus, wenn beide das erkennen und es zulassen, dass die Schwächen des Einen die Stärken des anderen ausgleichen.
Aber genau das passt nicht in die Denke der Zeit und wird auch selten thematisiert. Dann hätte sich ja das mit der Powerfrau erledigt und die ganze mühsam erschaffene Illusion von der weiblichen Überlegenheit würde kläglich in sich zusammenbrechen.