Multikulti: So ein Syrer ist eben ein richtiger Mann
Sie ist jung. Sie ist lebenshungrig. Ihr Wochenende heißt Party, Disco, etwas erleben. Sie wurde Anfang dieses Jahrhunderts geboren und geht jetzt auf die Zwanzig zu. Ihre Eltern sind also die Kinder 68er-Generation und die Erben der Überflussgesellschaft. Sie ist daher in der Zeit aufgewachsen, in der die antiautoritäte Erziehung längst den Mainstream erreicht hatte. Sie hält sich für emanzipiert, flirtet über Tinder und hat früh gelernt, die Jungs anzumachen. Zur Frau ist sie bereits mit sechzehn geworden und sie kann sich an ein halbes Dutzend Jungs erinnern, mit denen sie schon "gegangen" ist. Aber keiner hat sie so geliebt, wie Hakim. Erst Hakim hatte ihr gezeigt, was ein richtiger Mann ist und von Hakim hatte sie gelernt, wie eine gute Frau zu sein hat.
Für ihre Eltern zählen vor allem Erfolg und Besitz. Ihre Lehrer tickten links und träumten von der Gleichheit aller Menschen. Das hat sie zu einer jungen Frau gemacht, die Ideale vertritt und offen für alles ist. Seine Eltern hingegen sind konservativ und streng gläubige Moslems. Er weiß daher genau, was eine gute Ehefrau ausmacht. Und er hält alle anderen für Huren, Flittchen, Schlampen. Besonders die westlichen Mädchen, die ohne männliche Begleitung durch die Nächte ziehen und viel zu viel von sich zeigen, als sich für eine anständige Frau geziemt.
Sie ist angetan von seiner Männlichkeit, von seiner Selbstsicherheit und sogar von seinem überheblichen Auftreten. Er hat viel durchgemacht und ist dabei stark geblieben. Vor allem aber kommt er aus einem Land, in dem Männer noch richtige Männer sind. Er weiß daher, wie man eine Frau behandelt. Nicht auf Augenhöhe, sondern immer leicht von oben herab. Nicht als verliebter Jüngling, der sich für sie verbiegt und um ihre Gunst bettelt. Sondern als ein entschlossener Kerl, der genau weiß, was er von ihr will und nicht locker lässt, bevor er es bekommt.
Die Jungs vom Gymnasium sind zwar nett und stets locker drauf. Die Komilitonen von der Uni haben Perspektive und sind eine gute Partie. Die Kollegen im Büro geben sich betont charmant und zuvorkommend. Aber der Mann aus Syrien hat einfach das, was eine Frau insgeheim begehrt.
Seine Kleidung ist schlicht, aber sein T-Shirt lässt einen trainierten Körper erkennen. Sein Bart wirkt markant und verleiht ihm einen Ausdruck maskuliner Stärke. Seine Blicke sind direkt und weichen nie aus. Seine Absichten sind erkennbar und offensichtlich. Sein Deutsch ist schlecht, aber seine Worte zeigen dennoch Wirkung. Klar hat man sie gewarnt und sie sollte eigentlich vorsichtig sein. Aber er scheint anders zu sein und sie will keine Vorurteile zeigen. Außerdem berührt sie tief in ihrer Seele und löst Gefühle in ihr aus, die bisher noch kein Mann ausgelöst hat.
Sie weiß, für ihn gibt es kein sowohl als auch, sondern nur ein alles oder nichts. Wenn sie sich auf ihn einlässt, wird es daher kein Zurück mehr geben. Denn sie wird nicht einfach seine Freundin sein, sondern sein Besitz. Das heißt, er wird sie kontrollieren und immer im Auge behalten. Und er wird ihr vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hat. Aber er wird sie auch beschützen und bis aufs Blut für sie kämpfen.
Sie wird sich seinem Willen fügen müssen, das steht außer Frage. Vielleicht wird er sie auch schlagen, wenn sie nicht gehborsam ist. Aber sie wird immer wissen, dass er der Mann und sie die Frau ist. Und er wird sie nehmen, wie eine Frau genommen werden will.
Davon ist sie fest überzeugt und er ist gut darin, ihren Glauben zu stärken. So gut, dass ihr gar nicht bewusst wird, wie sie sich langsam aber unaufhörlich verändert. Wie sie sich von der flippigen Disco-Maus zum braven Mädchen wandelt. Wie sie sich zunehmend bieder kleidet und weite Kleider statt enger Jeans trägt. Wie sie sich von ihren Freunden isoliert und fast nur noch mit ihm zusammen ist.
Sie kann ja nicht wissen, was in seinem Kopf vor sich geht. Sie ahnt noch nicht einmal, dass sie für ihn nur Mittel zum Zweck ist. Die deutsche Hure, die ihm lediglich zu einer Aufenthaltsgenehmigung verhelfen soll. Das ehrlose Weib, das sich von ihm ficken lässt, ohne mit ihm verheiratet zu sein. Die Ungläubige, die ein Moslem wie er lediglich benutzt, um sie anschließend fallen zu lassen. Oder die er nach seinem Willen formt und zu einer Muslimin macht.
Doch der Reiz des staken Mannes nutzt sich ab. Die ständige Bevormundung wird zur Last. Die Trennung von Familie und Freunden wird unerträglich. Und an die Tatsache, dass er sie zunehmend schlägt, wird sie sich wohl nie gewöhnen können. Deshalb nimmt die Entwicklung einen Verlauf, der eigentlich vorgezeichnet war. Was einmal träumerische Liebe war, verwandelt sich in eine problematische Beziehung, in der männliche Dominanz mit weiblicher Emanzipation kollidieren. Denn sie denkt nach wie vor europäisch und er ist immer noch der Araber, der er immer war.
Also kommt es zum Clash der Kulturen, zur heftigen Auseinandersetzung. Zum Aufblitzen eines Messers. Zur blutigen Tat eines Mannes, der sich in seiner Ehre gekränkt sieht. Zu einer schockierenden Meldung in den Medien, die die einen für typisch halten und die anderen zu verharmlosen versuchen. Zur Erkenntnis, dass man nicht zusammenbringen kann, was nicht zusammen gehört und dass Kultur am Besten dort ausgelebt wird, wo sie zu Hause ist.
Denn wir haben zwar eine gemeinsame Erde, aber wir leben in sehr unterschiedlichen Welten.