Börsencrash: Katastrophe oder Chance?
Wenn das Wort Börsencrash fällt, zucken alle zusammen. Die Medien berichten über abgestürzte Kurse. Die FED verfällt genauso in hektische Aktivitäten wie die EZB. Jeder hat Angst um seinen Job. Der totale Zusammenbruch der Wirtschaft steht im Raum. Alle reden darüber, aber kaum einer weiß, worüber er eigentlich redet.
Schon das neue Jahrtausend fing mit einem Börsencrash an. Man sprach vom Dotcom-Crash, denn er bezog sich vor allem auf Technologiewerte im Internet-Umfeld. Es war die Zeit, als das Internet allmählich spruchreif wurde. Jeder sah im www die ganz große Zukunft. Unzählige Informatiker brachen ihr Studium ab und gründeten aus der Uni heraus ein Startup-Unternehmen. Völlig neue Geschäftsideen wurden geboren. Banken und Risikokapitalgeber zeigten sich großzügig und vergaben üppige Darlehen selbst an Unternehmen, die nur eine Idee hatten. Jeder wollte dabei sein und vom großen Boom profitieren.
Irgendwann wurden Technologie-Aktien zu Preisen gehandelt, die weit jenseits der Unternehmenswerte lagen. Es kam, was kommen musste. Der Verkäufermarkt wandelte sich in einen Käufermarkt. Die Preise fielen. Die Kurse gingen in den Keller. Panik setzte ein und jeder wollte retten, was zu retten war. Der Crash war da.
Der nächste Crash kam schon 2009. Man sprach von der Bankenkrise. Jahrelang waren die Aktienkurse beständig nach oben gegangen, bis sie schlichtweg überbewertet waren. Institutionelle Anleger stießen ihre Bestände ab, solange die Preise noch gut waren. Die Kurse taten das, was sie immer tun, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt: sie rutschten nach unten, bis der Bodensatz erreicht war.
Bei Corona war es nicht viel anders. Nach 2009 hatten sich die Märkte zügig erholt. Alle Kurse zeigten nach oben. Wer heute kaufte, hatte schon morgen einen Gewinn in der Tasche. Der letzte Crash war schnell vergessen, aber Analysten wussten, dass der Aufwärtstrend nicht ewig dauern konnte. Denn der Preis von Aktien, Indizes und anderen Instrumenten richtet sich zwar nach Angebot und Nachfrage. Aber letztendlich steht dahinter nur der Wert der Unternehmen, von denen die Anteile stammen. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem Aktienpreis und Unternehmenswert nichts mehr miteinander zu tun haben. Insider wissen das und setzten rechtzeitig auf Verkauf. Die anderen merken es erst, wenn der Kurs bereits am Rutschen ist und geraten in Panik. Der Crash nimmt seinen Lauf.
Börsenkenner wissen daher: Der letzte Crash hatte nur wenig mit Corona zu tun. Die Corona-Pandemie war lediglich der Auslöser für eine Marktkorrektur, die längst überfällig war. Genauso wie in 2009 und in 2000 und bei all den anderen Börsencrashs zuvor. Ein Aktiencrash ist nämlich nichts anderes als eine Marktbereinigung. Ob mal als Investor oder Spekulant dabei verliert oder gewinnt, ist keine Frage des Schicksals, sondern hängt allein davon ab, ob man richtig oder falsch auf den Markt reagiert hat.
Zu den Gewinnern zählen Anleger, die ihre Aktienbestände rechtzeitig abgestoßen haben. Mit dem Geld auf dem Konto konnten sie sich dann bequem zurücklehnen und warten, bis die Katastrophe vorüber war. Dann gab es nämlich dieselben Aktien zum halben Preis und es war Zeit, wieder auf Shopping-Tour zu gehen. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Kurse wieder steigen und man mit der doppelten Anzahl an Aktien doppelten Gewinn macht.
Zu den Gewinnern zählen auch Spekulanten, die zum Beispiel mit CFDs handeln (Contracts for Difference). Sie können sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen und ein Aktienmarkt im Aufschwung ist für sie genauso gewinnbringend wie ein richtig satter Crash.
Zu den Verlierern zählen alle Anleger, die keinen Durchblick haben. Sie sind es, die dann kaufen, wenn alle kaufen und damit viel zu hohe Preise zahlen. Sie sind es auch, die in Panik geraten, wenn die Preise scheinbar ins Bodenlose fallen und reflexartig verkaufen, bevor sie noch mehr Geld verlieren. Sie wären besser beraten, ihre Titel zu halten, bis wieder bessere Zeiten kommen. Aber Aktienhandel war weben schon immer eine Sache, die mit Wissen und Erkennen zu tun hat.
Zu den absoluten Verlierern zählen auch all jene, denen Aktien viel zu unsicher sind. Sie vernichten ihr Geld lieber auf der Bank und freuen sich, wenn man ihnen gnädigerweise ein Prozent Zinsen zugesteht. Dass sie allein durch die Inflation jedes Jahr Geld verlieren, merken sie nicht. Und dass sie mit dem Zusammenbruch des Euro so ziemlich alles verlieren werden, ist ihnen auch nicht bewusst. Sie investieren nämlich nicht, sondern legen lediglich Geld an. Und Geld war schon immer die unsicherste und wirtschaftlich uninteressanteste Vermögensanlage.
Wer heute jung ist, sollte sich daher weder auf die Bank, noch auf die Versicherung oder gar die staatliche Rente verlassen, wenn er auch im Alter noch passabel leben will. Oder um es mit den Worten eines Investmentbankers zu sagen: „Wer vor 20 Jahren eine Lebensversicherung bei der Allianz abgeschlossen hat, bekommt zum Rentenantritt vielleicht 100.000 Euro, die bis ans Lebensende nicht reichen werden. Hätte er stattdessen Aktien der Allianz gekauft, hätte er mindestens eine halbe Million zur Verfügung.“
Trotzdem hortet der deutsche Michel nach wie vor Milliardenwerte auf irgendwelchen Bankkonten.