Lebenslinien: Das Glück des zweiten Frühlings
Hat der Mann erst einmal die Fünfzig erreicht, überkommt ihn meist eine kleine Panik. Man nennt sie auch Midlife Crisis und sie beruht auf der erschreckenden Erkenntnis, dass ein halbes Jahrhundert bereits rum ist und die besten Jahre unwiederbringlich vorbei sind. Manche nehmen das resigniert zur Kenntnis und setzen einfach den gewohnten Trott fort. Andere werden plötzlich ganz aktiv und fangen noch einmal ein völlig neues Leben an. Natürlich gehört dazu eine neue Frau. Und natürlich muss sie wesentlich jünger sein als die Bisherige.
Ich muss gestehen, mir ging es genauso. Kaum rückte das Ende des fünften Lebensjahrzehnts näher, begann ich, mir Grundsatzfragen zu stellen. Will ich wirklich so weitermachen wie bisher oder will ich die Weichen noch einmal völlig neu stellen? Was werde ich wohl sagen, wenn ich am Ende meines Lebens zurückblicke? Werde ich zufrieden mit dem Gewesenen sein oder werde ich resigniert sage „Hätte ich doch ...“
Genau dieses „hätte ich doch“ hat mich dann wachgerüttelt. Ich war nämlich noch ein ziemlich aktiver Mann und hatte auch noch einen recht gesunden sexuellen Appetit. Doch zu Hause lief eigentlich nichts mehr und mein Sexualleben spielte sich mehr oder weniger nur noch in der Fantasie ab. Also war das mit den Weichen stellen eigentlich der bessere Weg.
Ich weiß, dass ich damit alles andere als allein bin. Viele, wenn nicht die meisten Männer um die 50 stellen sich genau dieselbe Frage: Neuanfang oder weiter wie bisher? Manche schaffen es einfach nicht, die über viele Jahre eingeübten alten Gewohnheiten aufzugeben. Andere wissen, dass die Konsequenz Scheidung heißt und scheuen sich vor den damit verbundenen materiellen Verlusten. Mutige Männer sind eben eher selten und so kurz vor der Rente haben die meisten bereits mit ihrem aktiven Leben abgeschlossen.
Den anderen steht zwar ein harter Kampf bevor. Doch ich kenne keinen, der es bereut hat, noch einmal das Ruder herumgerissen zu haben. Denn ein Mann ist oft auch mit sechzig noch ein richtiger Mann, während so manche Frau schon mit vierzig ihren Zenit weit hinter sich hat. Daher ist es nur logisch, wenn sich der mutige Neuanfänger auf die Suche macht und nach einer Frau Ausschau hält, mit der er noch einmal richtig Spaß haben kann.
Man sagt, dass man es einer Frau ansieht, wenn sie regelmäßig gut gefickt wird und ich bin davon überzeugt, dass so manche erstaunlich gut aussehende Vierzigjährige ihr Aussehen genau diesem Umstand zu verdanken hat. Sex hält eben jung und nur wer noch regelmäßig Sex hat, steht mit beiden Beinen im Leben. Viele Männer wissen oder zumindest ahnen das und legen sich eine heimliche Geliebte zu, wenn die Angetraute keinen Spaß mehr macht.
Das kann man moralisch verurteilen, aber es ist nichts anderes als Biologie. Schon Picasso war der Meinung, dass sich ein Mann alle sieben Jahre ein möglichst junges Weib ins Bett holen muss, um selbst möglichst lange jung und aktiv zu bleiben. Und der ist immerhin 92 Jahre alt geworden. Das Zeitfenster einer Frau ist eben eng begrenzt. Es beginnt irgendwann mit etwa 16 Jahren und ist irgendwo zwischen den Dreißigern und Vierzigern zu Ende. Wir reden also von lediglich 20 bis 30 Jahren, in denen eine Frau darauf hoffen kann, Männerblicke auf sich zu ziehen. Bei den meisten ist spätestens nach dem ersten Kind Schluss mit jeder Begehrlichkeit. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ganz anders sieht es beim Mann aus. Ein Mann muss zwar einen hoch kriegen, um Sex haben zu können. Aber das kann er bis in sein siebtes Lebensjahrzehnt hinein. Er muss nur aufpassen, dass sein Körper nicht zu viele Stresshormone entwickelt, denn die knabbern unweigerlich an seiner Libido und können im Extremfall schon mit vierzig alle Bedürfnisse abschalten. Andererseits gibt es heute die kleinen blauen Pillen, mit denen sich das mit zunehmendem Alter völlig normale Nachlassen der Erektionsfähigkeit ausgleichen lässt. Poppen kann Mann also heute problemlos, bis er siebzig ist. Vorausgesetzt, er hat ein Weib im Bett, das ihn dazu anregt.
Wenn sich ein Mann mit fünfzig auf eine neue Frau einlässt, dann ist es selten eine, die ebenfalls schon im sechsten Lebensjahrzehnt steht. Wie die Suchprofile in den einschlägigen Dating-Portalen verraten, suchen Männer mit fünfzig meist Frauen ab dreißig, was bei den Vierzigjährigen regelmäßig zu Frust führt. Irgendwann kommt für einen Mann einfach der Zeitpunkt, an dem jede Frau, die seine Sinne anregt, rein rechnerisch gesehen auch seine Tochter sein könnte. Das sorgt zwar für böse Blicke aus der Weiberwelt. Aber es ist eigentlich nur logisch.
Wer es nachvollziehen will, muss sich nur einmal an einen beliebigen FKK-Stand begeben. Ein Blick in die Runde genügt und er weiß, dass eine Fünfzigjährige eher nicht dazu geeignet ist, die Fantasie anzuregen. Wer fährt schon auf einen überquellenden Schwabbelbauch, deformierte Hinterbacken und hängende Titten ab? Wer steht auf dicke Speckringe und fette Schenkel mit Zellulitis? Niemand. Daher wandert der männliche Blick automatisch zu denen, die noch Figur haben und als Frau wahrgenommen werden. Hängen bleibt er aber letztendlich bei den ganz Jungen, die durch wohlgeformte Hintern, einen straffen Bauch und ansehnliche Brüste zu gefallen wissen.
Das Glück der Männer ist, dass es nicht wenige Frauen gibt, die keine Berührungsängste haben und einen Mann durchaus in Betracht ziehen, auch wenn er zwei, drei Jahrzehnte älter ist. Die Gründe dafür mögen materieller Natur sein, denn zwei Jahrzehnte Vorsprung bedeuten meist auch mehr Vermögen und ein besseres Einkommen. Dinge also, die eine Frau als Sicherheit empfindet und dabei gerne auf den einen oder anderen körperlichen Mangel hinwegsieht. In solchen Fällen ist es einfach ein Tauschgeschäft: biete straffen Körper gegen ein besseres Leben.
Aber es gibt auch Frauen, die sich in den Händen eines reiferen Mannes einfach wohler fühlen. Weil ältere Männer meist (aber nicht immer) die besseren Liebhaber sind. Weil sie eine junge Frau sehr zu schätzen wissen und daher alles dran setzen, um sie im Bett zu behalten. Und weil bei einem jüngeren Mann einfach die Gefahr größer ist, dass er jede Gelegenheit zum Fremdgehen nutzt.
Für einen Mittfünfziger ist eine Dreißigjährige so etwas wie ein Jungbrunnen. Sie bringt frischen Wind in seinen Kopf und brauch nur nackt durchs Wohnzimmer zu laufen, um seine Lebensgeister zu wecken. Er fühlt sich wieder in seine Teenager-Zeit zurückversetzt, wenn er mit ihr Hand in Hand die Shopping-Meile entlang spaziert. Er erlebt einen zweiten Frühling, was man daran sieht, dass er sich jünger kleidet und mit den meist hoffnungslos festgefahrenen Gleichaltrigen zunehmend Probleme hat.
Es ist eben schön, ein Mann zu sein und die Emanzen können noch so viel von Gleichberechtigung und Frauenpower reden. Ihr aktiver Life Cycle ist einfach ziemlich früh zu Ende und danach kommt nicht mehr viel, für das es sich zu leben lohnt.